Am 24. April 1974 landete Willy Brandt am Flughafen Köln-Bonn und wurde von seinem Kanzleramtschef Horst Grabert und Innenminister Hans-Dietrich Genscher empfangen. Zu seinem Entsetzen erfuhr er, dass sein Referent Günter Guillaume und dessen Frau Christel als DDR-Spione festgenommen worden waren. Dieser Vorfall zwang den Sozialdemokraten dazu, am 6. Mai 1974 vom Amt des Bundeskanzlers zurückzutreten. Die Guillaume-Affäre, die sich vor 50 Jahren ereignete, gilt als einer der spektakulärsten Spionagefälle der Bundesrepublik Deutschland.
Günter Guillaume, gemeinsam mit seiner Frau, hatte es geschafft, seinen Weg von einer Kaffeestube bis ins Kanzleramt zu bahnen, indem er sich Zugang zur politischen Macht sicherte. Obwohl Verdachtsmomente gegen ihn bereits im Mai 1973 vorlagen, wurde er erst fast ein Jahr später festgenommen. Brandt wurde über die Verdachtsmomente informiert, jedoch gebeten, Guillaume im Amt zu lassen, um Beweise zu sammeln. Erst als Guillaume sich selbst enttarnte, indem er der Polizei seine wahre Identität offenbarte, kam der Fall ins Rollen.
Der Kanzleronkel stürzte letztendlich nicht aufgrund seiner persönlichen Verfehlungen, sondern aufgrund von Druck seitens seiner Personenschützer, die Sexgerüchte verbreiteten. Es wurde behauptet, Guillaume und der Leiter der Sicherungsgruppe Bonn hätten Frauen für Brandt besorgt, womit er erpressbar wurde. Trotz Brandts Drängen auf einen Rücktritt des Innenministers, gab er schlussendlich selbst aufgrund innerparteilicher Schwierigkeiten seinen Rücktritt bekannt.
Günter Guillaume und seine Frau wurden 1975 zu langjährigen Haftstrafen verurteilt, jedoch 1981 im Austausch gegen Bundesbürger freigelassen und in die DDR zurückgeführt. Die Stasi feierte sie als Helden, die ehrenhaft im Dienste des Sozialismus und des Friedens gekämpft hatten. Während Günter Guillaume im Jahr 1995 verstarb, lebte Christel noch bis 2004.
Trotz Willy Brandts Rücktritt als Bundeskanzler blieb er weiterhin SPD-Chef, während Helmut Schmidt das Regierungsamt übernahm und Hans-Dietrich Genscher zum Außenminister ernannt wurde. Die Guillaume-Affäre hinterließ tiefe Spuren in der politischen Landschaft Deutschlands und wird auch nach 50 Jahren als ein faszinierendes Kapitel des Kalten Krieges betrachtet.