Ländlicher Raum

Das VG Münster verbietet die ganzjährige Anbindehaltung von Rindern

Ein Landwirt aus dem Kreis Borken in Nordrhein-Westfalen beschwerte sich über den ganzjährigen Anschluss. Das Verwaltungsgericht Münster hat nun entschieden, dass ganzjähriges Tethering verboten werden soll.

Laut Landwirtschaftszählung des Statistischen Bundesamtes 11,5 Millionen Rinder wurden 2020 in Deutschland gehalten, rund zehn Prozent davon in Anbindehaltung, davon fast die Hälfte (48 Prozent) ganzjährig angebunden. Während in Bayern gut jeder zweite Betrieb seine Rinder so hält, waren es in Baden-Württemberg im Jahr 2020 rund 17 Prozent Milchkühe und elf Prozent sonstige Rinder. In der Anbindehaltung werden die Rinder an einer Stelle am Hals angebunden, was ihre Bewegungsfreiheit auf das Liegen und Aufstehen beschränkt. Trotz anhaltender Kritik, auch von der Büro des Landesbeauftragten für Tierschutzwird diese Haltungsform in Deutschland noch praktiziert. „Obwohl diese Art der Haltung einer verhaltensgerechten Haltung zuwiderläuft, gibt es in Deutschland keine genauen Mindestanforderungen an die Haltung ausgewachsener Rinder, weshalb die Anbindehaltung gesetzlich nicht ausdrücklich verboten ist“, erklärt Landestierschutzbeauftragte Dr. Julia Stubenbord . Zur Rinderhaltung gibt es nur eine allgemeine Empfehlung des Europarates aus dem Jahr 1988. Nachdem jedoch bereits verschiedene Gerichte in mehreren Eilentscheidungen die Freilassung von Rindern aus Anbindehaltung gefordert hatten, gibt es nun eine weitere positive Botschaft, heißt es in der Landestierschutzbeauftragter, denn „das Verwaltungsgericht Münster hat in einem ausführlicheren Urteil festgestellt, dass die Anbindehaltung von Rindern eine massive Verhaltenseinschränkung bedeutet und bestätigte daher eine amtstierärztliche Anordnung, die einem Landwirt untersagte, seine Rinder ganzjährig angebunden zu halten.“

Bei einer Kontrolle eines landwirtschaftlichen Betriebes im Kreis Borken (NRW) im Mai 2018 stellte das Veterinäramt fest, dass dessen Kühe ganzjährig in Anbindeställen ohne Auslauf gehalten wurden. Gegen die nachträgliche Anordnung, die die ganzjährige Anbindehaltung untersagte, legte der Landwirt Berufung ein.

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Mindestens zwei Stunden Bewegung täglich

Mit Urteil vom 03.02.2022 bestätigte das Verwaltungsgericht (VG) Münster die Rechtmäßigkeit der Anordnung des Veterinäramtes, wonach der Landwirt seinen Rindern vom 01.06. bis 30.09. täglich mindestens zwei Stunden Auslauf zu gewähren hat. Das Gericht verwies auf die Niedersächsische Tierschutzrichtlinien für die Milchkuh- und Fleischrinderhaltung, die als Gutachten dienten. Darüber hinaus zitierte das Gericht die Stellungnahme des Tierärztlicher Verein für Tierschutz e. V. (TVT) zum Anbinden von Rindern. Aussagen von süddeutschen Bauernverbänden gegen ein Verbot der Ganzjahresanbindung, auf die sich der klagende Landwirt bezog, wies das Gericht jedoch zurück, da dies die Meinung einer Interessenvertretung war.

Inhaltlich führte das Gericht aus, dass die ganzjährige Anbindehaltung im Tierschutzrecht nicht ausdrücklich verboten sei, dies aber nicht bedeute, dass die Haltungsform nicht verboten sei. Das Gericht stellte auf der Grundlage der Richtlinien fest, dass in „der Anbindehaltung […] fast alles durch § 2 Nr. 1 Tierschutzgesetz (TierSchG) geschützte Grundbedürfnisse der Rinder stark eingeschränkt oder viele der damit verbundenen Verhaltensweisen nicht ausgeführt werden können [sind]„Als Ausgleich für den Bewegungsmangel müssen die Rinder daher zumindest in den Sommermonaten auf eine Weide oder ganzjährig auf einen Laufhof auslaufen dürfen. Zudem berief sich das Gericht auf die Stellungnahme des TVT zur Anbindehaltung von Rindern, wonach aufgrund des starken Bewegungsmangels davon auszugehen ist, dass die ganzjährige Anbindehaltung mit erheblichem Leid für die Tiere verbunden ist.

Bedeutung für die Veterinärämter des Landes

„Das Urteil aus Münster zeigt, dass sich die Veterinärämter auch auf Gutachten aus anderen Bundesländern berufen können, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen“, sagt der Landestierschutzbeauftragte. Der Verweis auf die Niedersächsischen Tierschutzrichtlinien, die laut Urteil bundesweit als Gutachten gelten können, ist daher auch für die Veterinärbehörden in Baden-Württemberg wichtig, um künftig ein Mindestmaß an Freizügigkeit einzufordern ganzjährige Anbindung. „Ich würde mir sehr wünschen, dass der Leitfaden auch hier in Baden-Württemberg bei der Bewertung von Anbindehaltungen Anwendung findet“, so der Landestierschutzbeauftragte abschließend.

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Gegen das Urteil wurde Berufung beim Oberverwaltungsgericht (OLG) Nordrhein-Westfalen beantragt; die Frage wird nun auch von einem höheren Gericht im Hauptsacheverfahren entschieden.

Inspiriert von Landesregierung BW

Sophie Müller

Sophie Müller ist eine gebürtige Stuttgarterin und erfahrene Journalistin mit Schwerpunkt Wirtschaft. Sie absolvierte ihr Studium der Journalistik und Betriebswirtschaft an der Universität Stuttgart und hat seitdem für mehrere renommierte Medienhäuser gearbeitet. Sophie ist Mitglied in der Deutschen Fachjournalisten-Assoziation und wurde für ihre eingehende Recherche und klare Sprache mehrmals ausgezeichnet. Ihre Artikel decken ein breites Spektrum an Themen ab, von der lokalen Wirtschaftsentwicklung bis hin zu globalen Finanztrends. Wenn sie nicht gerade schreibt oder recherchiert, genießt Sophie die vielfältigen kulturellen Angebote Stuttgarts und ist eine begeisterte Wanderin im Schwäbischen Wald.

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