Bildung & Wissenschaft

Kompetenzzentrum für Biodiversität und integrative Taxonomie startet

Das Kompetenzzentrum Biodiversität und integrative Taxonomie nimmt seine Arbeit auf. Die einzigartige Einrichtung der Universität Hohenheim und des Naturkundemuseums Stuttgart wird die Biodiversitätsforschung weiter stärken und zum Erhalt der Biodiversität beitragen.

Das fortschreitende Artensterben stellt eine der größten Herausforderungen der Menschheit im 21. Jahrhundert dar. Um dem entgegenwirken zu können, müssen die bedrohten Arten bekannt und ihre Funktionen im Ökosystem verstanden werden. In Deutschland gibt es jedoch nur wenige Menschen, die über fundierte Artenkenntnisse verfügen und seltene Tier-, Pflanzen- und Pilzarten zuverlässig identifizieren können. Das Land Baden-Württemberg hat den Handlungsbedarf erkannt und die Landeskompetenzinitiative „Integrative Taxonomie“ ins Leben gerufen. Mit dem „Kompetenzzentrum Biodiversität und integrative Taxonomie“ (KomBioTa) sein Herzstück nimmt nun seine Arbeit auf.

„Das neue Kompetenzzentrum wird Baden-Württemberg als Standort der Biodiversitätsforschung mit seinen besonderen Stärken im Bereich der Agrar- und Kulturlandschaftsforschung weiter stärken“, so Wissenschaftsministerin Theresia Bauer. „Als Plattform fördert das neue Kompetenzzentrum maßgeblich die lokale, regionale und überregionale Vernetzung von Wissenschaftlern und Institutionen.“ Das Land fördert den Aufbau und Betrieb des Zentrums mit jährlich rund einer Million Euro.

Die gemeinsame Gründung der Universität Hohenheim und des Naturkundemuseum Stuttgart soll die Erforschung von Vielfalt und ökologischen Zusammenhängen fördern. Gleichzeitig bildet das Kompetenzzentrum eine Generation moderner Artenexperten aus, die mit aktuellen Forschungsmethoden ebenso vertraut sind wie mit einheimischen Tier-, Pflanzen- und Pilzarten. Darüber hinaus soll das Zentrum dazu beitragen, dieses Wissen in Gesellschaft und Politik einzubringen.

Forschung und Lehre an beiden Institutionen verbinden

„Das Kompetenzzentrum für Biodiversität und Integrative Taxonomie (KomBioTa) vereint zahlreiche Arbeitsgruppen beider Einrichtungen für gemeinsame Forschung und Lehre. Es soll sowohl Wissenschaft und Forschung als auch wissenschaftliche Aus- und Weiterbildung für die Praxis abdecken und künftig bundesweite Aktivitäten auf dem Gebiet bündeln“, erklärt Geschäftsführerin Dr. Ann-Catrin Fender. „Neben der Vermittlung von Artenwissen liegt der Fokus der Initiative vor allem auf dem Erhalt der Biodiversität.“

Das Zentrum besteht in seiner Anfangsphase aus zwei neu geschaffenen Professuren, mehreren Mitarbeitern und einer hauptamtlichen Leitung und zeichnet sich unter anderem durch die gemeinsame Nutzung der Infrastruktur der beiden Partnerinstitutionen aus.

Vermittlung und Stärkung von Wissen über Arten und biologische Vielfalt

Das Artensterben findet nicht nur in abgelegenen Regionen statt, sondern auch in unserer unmittelbaren Lebensumgebung. Dadurch werden wertvolle Ökosystemleistungen, wie die Bestäubung von Obstblüten durch Insekten, gefährdet. Auch für das Klima hat die Biodiversität eine weitreichende Bedeutung: Ökosysteme mit einer großen Pflanzenvielfalt können große Mengen an Kohlenstoff und Stickstoff speichern und so den Klimawandel bremsen.

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Um dem Verlust der Biodiversität wirksam begegnen zu können, ist es nicht nur wichtig, die Arten zu kennen, sondern auch zu wissen und zu verstehen, welche Funktionen sie im Ökosystem haben und wie sie geschützt werden können.

Das neue, bundesweit einzigartige „Kompetenzzentrum Biodiversität und Integrative Taxonomie“ (KomBioTa) vereint klassische deskriptive taxonomische Ansätze mit modernen Methoden der Morphologieforschung, Molekulargenetik und Bioinformatik. Darüber hinaus entwickelt das Kompetenzzentrum das Biodiversitätsmonitoring, also die Dokumentation des Zustands und der Veränderungen der Biodiversität, weiter. Damit trägt sie zu den großen Monitoringprogrammen auf Landes- und Bundesebene sowie zu internationalen Initiativen bei.

Kompetenzen bündeln und Synergien nutzen

Mit dem Kompetenzzentrum will das Land Baden-Württemberg einen klaren Anstoß geben, den Trend beim Artensterben umzukehren. Beide Partner bringen ihre Stärken effektiv in die von der Universität Hohenheim und dem Staatlichen Museum für Naturkunde Stuttgart getragene Einrichtung ein.

Das Staatliche Museum für Naturkunde Stuttgart schafft mit seiner Forschung und seiner breiten taxonomischen Expertise und Artenkenntnis in Botanik, Entomologie (Entomologie) und Zoologie die Grundlage für die Stärkung der Taxonomie für die Zukunft. Als Ausbildungsstätte bietet die Universität Hohenheim die notwendigen Strukturen und unterstützt die Expertise des Zentrums, insbesondere mit ihrer Forschungsstärke im Bereich Ökologie und Evolutionsbiologie.

Die Universität Hohenheim und das Forschungsmuseum kooperieren seit vielen Jahren erfolgreich in Forschung und Lehre. Die Kooperation wird derzeit durch zwei neue Professuren in den Bereichen „Integrative Taxonomie von Insekten“ und „Biodiversitätsmonitoring“ als gemeinsame Berufung der beiden Kooperationspartner verstärkt.

Artenwissen ist die Grundlage des Artenschutzes

„Um beispielsweise gegen das Absterben von Insekten wirksame Schutzmaßnahmen ergreifen zu können, müssen wir zunächst wissen, welche Arten es gibt und welche Funktionen sie im Ökosystem haben“, erklärt Entomologe Prof. Dr. Lars Krogmann. Er leitet die entomologische Abteilung des Staatlichen Museums für Naturkunde Stuttgart sowie die Abteilung für Systematische Entomologie der Universität Hohenheim und ist einer der drei Vorstandsmitglieder des Kompetenzzentrums.

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Es gibt viele Pflanzen, Tiere, Pilze und Mikroorganismen direkt vor unserer Haustür, die noch nicht einmal der Wissenschaft bekannt sind. Viele von ihnen sind vom Aussterben bedroht. „Das liegt in der Regel nicht daran, dass wir sie noch nicht gefunden haben“, erklärt Prof. Dr. Krogmann, „sondern daran, dass vor allem die kleineren Insektenarten so ähnlich aussehen können, dass sie von außen nicht zu unterscheiden sind.“

Jede Art zählt – den Zustand der Art erfassen, die Artenvielfalt schützen

Ökologen erfassen in ihrer Arbeit oft nur einen sehr kleinen Teil der immensen biologischen Vielfalt und orientieren sich an sogenannten Zeiger- oder Indikatorarten, die dann als repräsentativ für das gesamte Biotop gelten.

„Aber es reicht nicht, sich nur auf einzelne Gruppen oder Indikatorarten wie Wildbienen zu konzentrieren. Auch die Zusammenhänge und Abhängigkeiten von Tieren, Pflanzen, Pilzen und Mikroorganismen müssen untersucht werden“, erklärt Prof. Dr. Johannes Steidle vom Lehrstuhl für Chemische Ökologie der Universität Hohenheim und ebenfalls im Vorstand des Kompetenzzentrums. „Das Standardmonitoring muss daher durch verschiedene ökologische Gruppen ergänzt werden, etwa die Rolle von Insekten als Bestäuber, Gegenspieler und Nahrung.“

Denn Biodiversität umfasst die gesamte Vielfalt des Lebens, angefangen beim gesamten Ökosystem wie Meere, Wälder oder Wiesen, über die Artenvielfalt bis hin zur Vielfalt der Gene innerhalb einer Art. Mit dem bereits beobachteten Rückgang der Individuenzahl ist die Stabilität des Systems weiterhin gefährdet und geht im Falle des Aussterbens einer Art sogar unwiederbringlich verloren.

Verstehen Sie die Ursachen des Aussterbens

„Wir müssen verstehen, was das Artensterben verursacht, welche Mechanismen daran beteiligt sind und welche Maßnahmen wir zum Schutz der Biodiversität ergreifen können“, sagt Prof. Dr. Steidle weiter. „Nur durch die Kombination klassischer mit innovativen Methoden können wir neue Erkenntnisse über den Zustand der Arten und ihre Lebensweise gewinnen.“

„Im Fokus steht auch hier der Verlust an genetischer Vielfalt, die – einmal verloren – nicht einfach wieder erzeugt werden kann“, ergänzt Prof. Dr. Martin Hasselmann vom Lehrstuhl für Populationsgenomik landwirtschaftlicher Nutztiere. „Wir brauchen dringend exzellenten Nachwuchs in den Bereichen Taxonomie, Ökologie und Evolution, um diese Aufgaben langfristig angehen zu können.“

Promotionsprogramm „Biodiversität im Wandel der Zeit“

Daher werden Wissenschaft und Forschung durch das neu eingerichtete Promotionskolleg „Biodiversitätswandel in Raum und Zeit“ ergänzt. Sie bietet bundesweit eine einzigartige Möglichkeit für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, im Bereich der Taxonomie zu forschen und zum Erhalt der Biodiversität beizutragen.

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„Mit der wissenschaftlichen Expertise und den umfangreichen Forschungssammlungen des Naturkundemuseums können wir gemeinsam mit der Universität Hohenheim einen wesentlichen Beitrag zur strukturierten, systematischen Ausbildung von Doktoranden leisten“, betont Prof. Dr. Krogmann. „Die Kooperation schafft Synergien in Forschung und Lehre, die zur Geltung kommen.“

Im PhD-Programm sind derzeit sechs Doktoranden eingeschrieben, die sich für die Forschungsschwerpunkte der Gruppe – Ökosysteme im Wandel, Mechanismen der Artbildung und den Rückgang von Insekten- und Pflanzenarten – interessieren und daraus Prognosen für zukünftige Entwicklungen ableiten wollen.

Einbindung der Umweltakademie: Fort- und Weiterbildung für die Praxis

Die Landesinitiative „Integrative Taxonomie“ besteht aus den beiden Säulen Forschung und Lehre, die vom Kompetenzzentrum für Biodiversität und integrative Taxonomie sowie dem Fortbildungszentrum an der Umweltakademie. Die Erkenntnisse und Methoden aus Forschung und Wissenschaft sollen auch in die Aus- und Weiterbildungsangebote der Baden-Württembergischen Akademie für Natur- und Umweltschutz, die dem Umweltministerium angegliedert ist, einfließen und so der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden . Die Angebote der Umweltakademie zum Artenwissen richten sich an Personen in Behörden, Planungs- und Sachverständigenbüros und in Naturschutzverbänden, Ehrenamtliche im Natur- und Umweltschutz und sonstige Interessierte. Sie dienen der Qualifizierung von Artenschutzfachkräften für die praktische Arbeit vor Ort.

Integrative Taxonomie

Taxonomie ist der Zweig der Biologie, der die Beziehungen zwischen Lebewesen (und Viren) in einem hierarchischen System erfasst. In der Biologie erfolgt diese Einteilung traditionell in einen bestimmten Rang eines Systems, wie Art, Gattung oder Familie, und dies insbesondere für Organismen. In der „Integrativen Taxonomie“ werden Methoden der klassischen Taxonomie multidisziplinär mit molekularbiologischen Methoden, bildgebenden Verfahren zur Untersuchung der Morphologie, des äußeren Erscheinungsbildes und ökologischen Untersuchungen kombiniert.

Universität Hohenheim: Kompetenzzentrum Biodiversität und integrative Taxonomie (KomBioTa)

Landesmuseum für Naturkunde Stuttgart: KomBioTa – Kompetenzzentrum Biodiversität und integrative Taxonomie

Universität Hohenheim: Pressemitteilungen

Landesmuseum für Naturkunde Stuttgart: Pressemitteilungen

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Inspiriert von Landesregierung BW

Sophie Müller

Sophie Müller ist eine gebürtige Stuttgarterin und erfahrene Journalistin mit Schwerpunkt Wirtschaft. Sie absolvierte ihr Studium der Journalistik und Betriebswirtschaft an der Universität Stuttgart und hat seitdem für mehrere renommierte Medienhäuser gearbeitet. Sophie ist Mitglied in der Deutschen Fachjournalisten-Assoziation und wurde für ihre eingehende Recherche und klare Sprache mehrmals ausgezeichnet. Ihre Artikel decken ein breites Spektrum an Themen ab, von der lokalen Wirtschaftsentwicklung bis hin zu globalen Finanztrends. Wenn sie nicht gerade schreibt oder recherchiert, genießt Sophie die vielfältigen kulturellen Angebote Stuttgarts und ist eine begeisterte Wanderin im Schwäbischen Wald.

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