Was macht eigentlich eine Programmiererin in einem IT-Unternehmen den ganzen Tag? Das wollten Schülerinnen beim Besuch der Firma Vector Informatik GmbH in Stuttgart-Weilimdorf anlässlich des Girls‘ Day wissen. Und wie sieht der Arbeitsalltag eines Erziehers aus? Diesem Praxistest haben sich Jungen aus Stuttgart am 27. April, anlässlich des Boys’ Day im Kinderhaus Malvenweg in Gerlingen gestellt. Staatssekretärin Sandra Boser und Staatssekretär Volker Schebesta haben sich jeweils vor Ort ein Bild gemacht. Der bundesweite Aktionstag Girls‘ und Boys‘ Day findet jedes Jahr parallel statt und soll Mädchen die Gelegenheit bieten, Berufe kennenzulernen, in denen der Frauenanteil unter 40 Prozent liegt. Dies sind vor allem Berufe rund um IT, Digitalisierung, Technik und Naturwissenschaften. Jungen können sich an diesem Tag ein Bild unter anderem von Gesundheits- und Sozialberufen machen, wie etwa dem Beruf des Erziehers, ein bislang vorwiegend „weibliches Terrain“.
Berufliche Orientierung ist ein Eckpfeiler der Bildung im Land
Das Kultusministerium unterstützt diese Anliegen auf ganzer Linie, schließlich ist die berufliche Orientierung ein Eckpfeiler der Bildung in Baden-Württemberg. „Es ist uns wichtig, unsere Schülerinnen und Schüler dabei zu unterstützen, den für sie passenden Beruf zu finden, unvoreingenommen und unabhängig vom Geschlecht“, sagt Kultusministerin Theresa Schopper. „Mit zahlreichen Maßnahmen wie etwa den Praktikumswochen Baden-Württemberg setzen wir hier an.“ Die Grundidee dabei ist, dass Schülerinnen und Schüler wechselnde Tagespraktika in unterschiedlichen Betrieben, Unternehmen oder Institutionen absolvieren können. Auf der digitalen Vermittlungsplattform kann man sich dafür ab sofort registrieren.
Solche Praxiseinblicke auch in untypische oder weniger bekannte Bereiche spielen angesichts des Fachkräftemangels und der fortschreitenden Digitalisierung eine wichtige Rolle. Deshalb ist Kultusministerin Theresa Schopper auch die MINT-Bildung ein großes Anliegen: „Die Berufsfelder rund um Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (MINT) bieten für Mädchen und junge Frauen spannende und zukunftsträchtige Entwicklungsmöglichkeiten.“ Das Kultusministerium fördert MINT-Fächer auf vielfältige Weise, zum Beispiel durch die Einrichtung eines MINT-Exzellenzgymnasiums mit Internat in Bad Saulgau oder durch das MINT-Fach Naturwissenschaft und Technik (NwT), das ab dem kommenden Schuljahr auch als dreistündiges Basisfach in den Jahrgangsstufen der gymnasialen Oberstufe belegt werden kann.
So attraktiv ist der Beruf des Erziehers
Abseits jeglicher Geschlechterklischees haben die Teilnehmer beim diesjährigen Boys‘ Day im Kinderhaus Malvenweg die Ärmel hochgekrempelt und gemeinsam mit den Kita-Kindern ein Hochbeet gebaut. Im Gespräch mit Volker Schebesta haben sie sich über ihre Motivation und ihre Berufswünsche ausgetauscht. Das Fazit des Staatssekretärs: „Der Boys‘ Day ist eine hervorragende Gelegenheit, um Schülern zu zeigen, wie attraktiv der Beruf des Erziehers ist und dass das Klischee des vermeintlich weiblichen Berufs überholt ist.“ Er ergänzt: „Die Zahl der Erzieherinnen und Erzieher in Ausbildung hat sich gegenüber dem Jahr 2008/2009 nahezu verdoppelt. Wir brauchen aber noch mehr gut qualifiziertes Personal in unseren Kitas, um den steigenden Betreuungsbedarf zu decken. Das Potenzial junger Männer ist dringend gefragt.“ Die Kita-Kampagne des Kultusministeriums „Mehr bekommst du nirgendwo!“ wirbt um künftiges Personal und zeigt, wie attraktiv der Beruf als Erzieherin oder Erzieher ist. Volker Schebesta sagte: „Kaum eine Tätigkeit gibt einem so viel wie die, kleine Kinder auf ihren Entwicklungsschritten zu begleiten. Und dabei fällt auch die Höhe des Gehalts besser aus, als viele glauben.“
Gute Karriereperspektiven für Mädchen in MINT-Berufen
Unterdessen haben Schülerinnen im Alter zwischen zehn und 17 Jahren bei der Firma Vector Informatik GmbH IT-Luft geschnuppert. Das Unternehmen in Stuttgart-Weilimdorf mit 31 Standorten weltweit beteiligte sich am Girls’ Day mit dem Programm „Mädchen und IT: 100 Prozent für einander gemacht“. In Workshops haben die Teilnehmerinnen beim Löten selbst Hand angelegt und beim Programmieren Grips gezeigt. Beim Gespräch mit zwei Mitarbeiterinnen haben sie sich über deren Erfahrungen als Frauen in der IT-Welt, Einstiegsmöglichkeiten und Karrierechancen ausgetauscht. „Die Vector Informatik GmbH unterstützt die Schulen im Land beispielhaft bei der Berufsorientierung und der Stärkung der MINT-Fächer“, sagt Staatssekretärin Sandra Boser vor Ort. So fördert auch die firmennahe Vector Stiftung das Projekt „Mkid – Mathe kann ich doch!“. Das Programm richtet sich an Schülerinnen und Schüler der sechsten Klasse und soll sowohl die MINT-Kompetenzen stärken als auch die Selbstwahrnehmung positiv verändern. Die Staatssekretärin ermutigt Mädchen und junge Frauen, sich für dieses Berufsfeld zu entscheiden: „Gerade in Baden-Württemberg, mit der einzigartigen Struktur von kleinen, mittelständischen und großen Unternehmen, den vielfältigen Forschungs- und Bildungseinrichtungen und dem hervorragenden Ausbildungssystem eröffnen sich für junge Frauen großartige Karriereperspektiven in den MINT-Berufen“, sagt Sandra Boser.
Hoffmeister-Kraut besucht Experimenta
Welcher Beruf passt am besten zu mir? Wo liegen meine Stärken und Talente – unabhängig von bestehenden Rollenbildern? Antworten auf diese und weitere Fragen zur Berufsorientierung fanden Schülerinnen der Klassenstufen 5 bis 7 heute im Rahmen des Girls‘ Day und Boys‘ Day in der experimenta gGmbH in Heilbronn. Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus, besuchte die Veranstaltung als landesweite Schirmfrau des Girls‘ Day und Boys‘ Day 2023. Über das ganze Land verteilt wurden anlässlich des Aktionstages 3.716 Veranstaltungen auf die Beine gestellt.
Die von der Ministerin besuchte Veranstaltung in der experimenta gGmbH Heilbronn war speziell für Schülerinnen ausgerichtet und fand unter der Einbindung des seitens des Wirtschaftsministeriums geförderten Programms „Girls‘ Digital Camps“ statt. Unter dem Motto „Roboter und Rotkohl – entdecke die MINT-Vielfalt“ konnten 45 Teilnehmerinnen in die Welt von IT, digitalen Anwendungen, Naturwissenschaft und Technik eintauchen. Im Angebot waren neben chemischen Experimenten mit Rotkohl auch der Bau eines Aufwindrads und die Programmierung eines eigenen Kunstwerks mit Hilfe von „Snap!“.
MINT-Berufe spielen große Rolle bei Digitalisierung
Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut betonte im Rahmen ihres Besuches: „Als Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus, ist es mir wichtig, dass unsere Unternehmen ausreichend gut qualifizierte Fachkräfte finden. Die MINT-Berufe spielen dabei eine große Rolle – in der Industrie, im Handwerk, beim Bau oder beim derzeitigen „Megathema“, der Digitalisierung. Um den wachsenden Bedarf an Fachkräften in diesen Bereichen zu decken, müssen wir auch bei der Berufswahl junger Frauen ansetzen. Wir brauchen mehr Frauen in MINT-Berufen, denn hier schlummern viele bisher unentdeckte Talente. Veranstaltungen wie diese werden bei den Mädchen neu gewonnene Erfahrungen und bestenfalls nachhaltige Eindrücke für die spätere Berufswahl hinterlassen“, so die Ministerin.
Zu ihrer Rolle als Schirmfrau sagte Hoffmeister-Kraut: „Ich bin stolz, in diesem Jahr wieder Schirmfrau dieses tollen Aktionstags in Baden-Württemberg zu sein! Ich möchte die Gelegenheit nutzen, Mädchen und Jungen aktiv zu ermutigen, sich bei ihrer Berufswahl das gesamte Spektrum der Möglichkeiten anzuschauen und nicht nur auf bereits Bekanntes zu verlassen.“ Deshalb sei es wichtig, Chancen wie diese zu nutzen, um sich auszuprobieren und die eigene Perspektive zu erweitern, so die Ministerin. „Wenn wir sehen, dass sich die Wahl des Ausbildungsplatzes bei 50 Prozent der Mädchen aktuell auf nur zehn Ausbildungsberufe beschränkt und darunter kein einziger naturwissenschaftlich-technischer Beruf zu finden ist, muss uns das zu denken geben“, mahnt die Wirtschaftsministerin. In technisch orientierten Studiengängen, wie zum Beispiel den Ingenieurwissenschaften oder der Informatik, seien Frauen ebenfalls deutlich unterrepräsentiert. „Dies ist aber kein rein weibliches Phänomen, auch Jungen haben ein enges Berufswahlspektrum, das von männlichen Rollenbildern geprägt ist. Wir brauchen Jungen genauso in Berufen des Erziehers, Grundschullehrers oder des Krankenpflegers. Deshalb unterstützen wir diesen Tag auch als Ministerium sehr gerne, denn der bewusst herbeigeführte Perspektivwechsel kann entscheidend sein, wenn es um die Berufswahl unserer Fachkräfte von Morgen geht“, so die Ministerin.
Über 3.500 Veranstaltungen im Land
Für Unternehmen und andere Arbeitgeber bot der Aktionstag wieder die Möglichkeit, die Fachkräfte der Zukunft auf sich aufmerksam zu machen. Diese Gelegenheit haben in diesem Jahr baden-württembergweit eine Vielzahl von Unternehmen und Institutionen genutzt. Es wurden 2.448 Veranstaltungen für Schülerinnen und 1.268 Veranstaltungen für Schüler im Rahmen des Aktionstags angeboten. Zum Vergleich: Im Jahr 2022 umfasste das Angebot zur Berufsorientierung insgesamt 1.837 Veranstaltungen. 13.395 Schülerinnen und 3.404 Schüler haben verteilt auf ganz Baden-Württemberg am diesjährigen Girls‘ Day und Boys‘ Day teilgenommen. Das sind 4.870 Schülerinnen und 724 Schüler mehr als im vergangenen Jahr. Das Ziel dieses Tages war erneut, nicht nur theoretisches Wissen dazuzugewinnen, sondern die Berufe in ihren verschiedenen Facetten praktisch zu erleben.
Inspiriert von Landesregierung BW