Die Landesregierung hat entschieden, dass Drogenkonsumräume auch in Städten mit weniger als 300.000 Einwohnern eingerichtet werden können. Der erste Drogenkonsumraum Baden-Württembergs in Karlsruhe hat sich als Gesundheits-, Überlebens- und Ausstiegshilfe für Drogenabhängige bewährt. Es ist ein niederschwelliges Hilfsangebot, das Leben rettet.
Auch in Baden-Württemberg können Städte künftig Drogenkonsumräume einrichten – und das nicht erst ab 300.000 Einwohnern. Vielmehr soll es auch kleineren Städten möglich sein, dieses niederschwellige Hilfsangebot zu machen, sofern bestimmte Kriterien erfüllt sind. Das hat das Kabinett in seiner jüngsten Sitzung am Dienstag, 21. Juni 2022, beschlossen. Die sogenannte Drogenkonsumraumverordnung aus dem Jahr 2019 wird nicht nur aktualisiert, sondern auch erweitert.
„Der erste Drogenkonsumraum Baden-Württembergs in Karlsruhe hat sich als Gesundheits-, Überlebens- und Ausstiegshilfe für Drogenabhängige bewährt. Es ist ein niederschwelliges Hilfsangebot, das Leben rettet“, so der Gesundheitsminister Mann Luca. Mit dem Erlass der Drogenkonsumraumverordnung im Jahr 2019 hatte das Land bereits die Möglichkeit geschaffen, diese Anlaufstellen für suchtkranke Menschen zu betreiben. Ende 2019 wurde in Karlsruhe der erste Drogenkonsumraum Baden-Württembergs eröffnet.
Niederschwelliger Zugang zu weiteren Hilfsangeboten
In Drogenkonsumräumen können Drogenabhängige mitgebrachte Betäubungsmittel unter hygienischen Bedingungen für den Eigenbedarf verwenden, Überdosierungen und Notfälle aufarbeiten und einen niederschwelligen Zugang zu weitergehender Hilfestellung ermöglichen. „Drogenkonsumräume dienen somit als Bestandteil des lokalen Suchthilfesystems der Gesundheits-, Überlebens- und Ausstiegshilfe für Drogenabhängige. Sie tragen auch dazu bei, die Belastung der Bevölkerung durch Nebenwirkungen des Drogenkonsums im öffentlichen Raum zu verringern“, betonte Lucha.
Die Landesregierung hat die Auswirkungen der Drogenkonsumraumverordnung umfassend und sorgfältig geprüft und bewertet. Dabei flossen unter anderem die Erfahrungen mit dem Drogenkonsumraum in Karlsruhe, die Einschätzung von Stadt, Polizei und Staatsanwaltschaft vor Ort sowie ordnungs- und sicherheitspolitische Aspekte, insbesondere im Hinblick auf die polizeiliche Kriminalstatistik, ein. Eine Zunahme von Drogendelikten oder sonstigen Delikten im Umfeld des Drogenkonsumraums wurde nicht festgestellt. Vielmehr hat das gute Zusammenspiel von ordnungspolitischen Maßnahmen und sozialer Arbeit zu einer Entlastung des öffentlichen Raums geführt.
Minister Lucha: „Der Drogenkonsumraum wird professionell geführt und hat sich sehr gut bewährt. Sein Betrieb entspricht den in der Verordnung festgelegten gesundheitspolitischen, ordnungspolitischen und medikamentösen Therapiezielen und ist in jeder Hinsicht unauffällig gestaltet. Deshalb begrüße ich es sehr, dass wir mit der Entscheidung zur weiteren Anwendung der Drogenkonsumraumverordnung in Baden-Württemberg eine gewisse Normalität für dieses ergänzende Hilfsangebot erreichen und damit einen weiteren Schritt in Richtung einer Drogenpolitik gehen dem konkreten Hilfebedarf der Betroffenen angemessen ist.“
Rechtssicherheit für Drogenkonsumräume
Mit der Neuregelung der Verordnung schafft die Landesregierung nun Rechtssicherheit für den Weiterbetrieb des Drogenkonsumraums in Karlsruhe und für die Pläne zur Einrichtung von Drogenkonsumräumen beispielsweise in Stuttgart oder Mannheim. Durch die Aufhebung der bisherigen Beschränkung auf Städte mit mehr als 300.000 Einwohnern ist auch eine Planung in anderen Städten möglich. Eine solche Planung muss vor Ort sehr sorgfältig durchgeführt werden. Dabei sind unter anderem Bedarf und Machbarkeit sowie insbesondere die sicherheitstechnischen und regulatorischen Aspekte vor Ort zu berücksichtigen.
Im Zeitraum von Dezember 2019 bis Juni 2021 wurden im Drogenkonsumraum Karlsruhe fünf Drogennotfälle behandelt. 139 Personen hatten sich angemeldet – Tendenz steigend. Davon 113 Männer und 26 Frauen. In dieser Zeit fanden 2.175 sogenannte Konsumereignisse statt, hauptsächlich intravenös Kokain, Opioide und Benzodiazepine. Es gab 436 Safer-Use-Beratungen, 44 Kriseninterventionen, 152 Beratungen, 369 medizinische Hilfen und diverse Überweisungen an weiterführende Hilfen wie Substitution, Entgiftung oder andere soziale Hilfen.
Inspiriert von Landesregierung BW