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Verfassungsschutzbericht 2021 vorgelegt

Bundesinnenminister Thomas Strobl stellt Verfassungsschutz 2021 vor. Die Corona-Pandemie und die Proteste in diesem Zusammenhang haben den Verfassungsschutz im vergangenen Jahr stark in Anspruch genommen.

„2021 war ein außergewöhnliches, ein herausforderndes Jahr – gerade im Hinblick auf unsere freiheitliche demokratische Grundordnung Corona-Pandemie und die Protestveranstaltungen in diesem Zusammenhang haben den Verfassungsschutz im vergangenen Jahr stark gefordert. Im Rahmen der Protestveranstaltungen wurde auf alte und neue Verschwörungsideologien verwiesen. Die allermeisten dieser Verschwörungsideologien sind zumindest extremistisch geprägt: Sie transportieren oft antisemitische oder staatsfeindliche Narrative, teilweise in Kombination mit rassistischen oder geschichtsrevisionistischen Ansichten. Der Verfassungsschutz als Frühwarnsystem für unsere Demokratie bleibt daher wachsam“, sagte der stellvertretende Ministerpräsident und Innenminister Thomas Strobel. Gemeinsam mit der Präsidentin des Landesamtes für Verfassungsschutz, Beate Bube, hatte er das Bundesamt für Verfassungsschutz für 2021 vorgestellt.

Extremistische Verschwörungsideologien während Corona

„Das Hauptnarrativ der kursierenden extremistischen Verschwörungsideologien ist eine grundsätzliche Staatsfeindlichkeit verbunden mit der Vorstellung eines – vermeintlich legitimen – Widerstands gegen die herrschende Regierung. Als gemeinsamer Nenner schafft die Staatsfeindlichkeit Verbindungen zu Reichsbürgern und Selbstverwaltung sowie zum Rechtsextremismus, wo auch der Staat und die demokratische Ordnung abgelehnt werden. Die Gefahr geht von neuen Formen des Extremismus aus, die meist auf Verschwörungsideologien beruhen. Demzufolge ist der in diesen Geschichten oft enthaltene Antisemitismus auch in diesem Bereich des Phänomens von großer Bedeutung. „Vor diesem Hintergrund war es absolut richtig, dass wir im Verfassungsschutz einen neuen Phänomenbereich unter dem Namen ‚Delegitimierung des verfassungsschutzrelevanten Staates‘ eingerichtet und darin die grenzüberschreitende Zusammenarbeit gestärkt haben Bereich Extremismus“, erklärte Innenminister Thomas Strobl.

Die relevanteste Gruppierung im Bereich Phänomene war 2021 „Quermachen 711“ mit seinen baden-württembergischen Ablegern. Als erster Verfassungsschutz in Deutschland hat das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg am 9. Dezember 2020 das „Querdenken“ zum Gegenstand der Beobachtung gemacht. Das Landesamt für Verfassungsschutz geht derzeit von rund 350 Personen aus, die der Szene zugerechnet werden können. Seit Beginn der Corona-Pandemie erfolgt die Kommunikation über das Protestgeschehen im Phänomengebiet hauptsächlich über Messenger-Dienste, unter denen „Telegram“ noch immer die dominierende Rolle spielt. Unter anderem nutzen Extremisten diese Gelegenheit zum Austausch, um den Widerstand gegen staatliche Maßnahmen oder die staatliche Ordnung insgesamt zu organisieren.

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Der Verfassungsschutz geht davon aus, dass neben der Corona-Thematik künftig auch andere Themen genutzt werden, um staatsfeindliche Narrative im Phänomenbereich zu verbreiten. Dem Verfassungsschutz sind bereits Hinweise auf das bekannt Krieg Russlands gegen die Ukraine und die damit indirekt verbundenen Folgen wie steigende Treibstoffpreise. Themen wie der Klimawandel und mögliche staatliche Maßnahmen zur Eindämmung der Erderwärmung können langfristig auch von Extremisten instrumentalisiert werden, um die Vernetzung mit breiteren Gesellschaftsschichten zu erhöhen.

Weiterhin hohes Risiko für Rechtsextremismus

„Der Rechtsterrorismus ist nie verschwunden, wie die rechtsextrem motivierten Gewalttaten der letzten Jahre gezeigt haben – der Anschlag in Hanau im Februar 2020, der Anschlag in Halle (Saale) im Oktober 2019 und das Attentat in Kassel Landrat Walter Lübcke im Juni 2019 in Wolfhagen deutlich gezeigt: Auch rechtsextrem motivierte Anschläge im Ausland, wie zuletzt im Mai 2022 in Buffalo/New York, dürfen nicht übersehen werden: In einer globalisierten Welt, in der rechtsextreme Auch können sich Flügelextremisten virtuell weltweit vernetzen, Anschläge in anderen Teilen der Welt werden auch zu Vorbildern für deutsche Nachahmer, anonyme Chatgruppen und rechtsextreme Influencer bieten zunehmend den digitalen Nährboden für ideologische Indoktrination und Radikalisierung“, warnte Bundesminister Thomas Strobl .

Zudem versuchten im Jahr 2021 rechtsextreme Personen und Organisationen in Baden-Württemberg, die Corona-Proteste für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Vor allem die „Nationaldemokratische Partei Deutschlands“ (NPD) trat auf, die sich an diversen Demonstrationen beteiligte, während die Partei „Der III. Weg“ vor allem Flugblätter verteilte.

Rund 3.800 Menschen gehören derzeit dem Milieu der „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ an. Baden-Württemberg. Die Proteste gegen die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie und die in diesem Zusammenhang verbreiteten Verschwörungsgeschichten führten zu einem starken Zustrom ins Milieu. Die Ablehnung staatlicher Maßnahmen stützt sich auf verschiedenste ideologische Ableitungen, darunter auch pseudorechtliche Ansichten von „Reichsbürgern“ und „Selbstverwaltern“. Dadurch hat sich die Verbindungsfähigkeit in den vergangenen zwei Jahren erhöht, was sich nun spürbar in der Gesamtzahl der Personen widerspiegelt. Geschätzte zehn Prozent der „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ befürworten die Anwendung von Gewalt. Ähnlich wie bei Rechtsextremen hat das Milieu auch eine hohe Affinität zu Schusswaffen. „Deshalb hat der Verfassungsschutz die Interneterziehung intensiviert und konnte so das Milieu der Reichsbürger und der Selbstverwaltung weiter aufklären“, sagte Minister Thomas Strobl.

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Deutlicher Anstieg linksextremistischer Straftaten

„2021 gab es mit 659 Fällen einen deutlichen Anstieg linksextremistischer Straftaten; 2020 waren es noch 455 Fälle. Wir führen dies auf eine verstärkte Hetze linksextremistischer Akteure im Zusammenhang mit der baden-württembergischen Landtagswahl und der Bundestagswahl 2021 zurück. Auch die Zahl linksextremistisch motivierter Gewalttaten ist 2021 mit insgesamt 62 Vorfällen gestiegen gegenüber dem Vorjahr – 59 Fälle“, erklärte Bundesinnenminister Thomas Strobl. In Baden-Württemberg initiierte die gewaltbereite linksextreme Szene die „Antifaschistische Aktion! – Gegen rechte Krisenlösungen“. Es wurde aufgerufen, Flyer-, Plakat- und Bannerkampagnen durchzuführen, vor allem zu Lasten der AfD. Zudem sollen entsprechende Wahlplakate vernichtet und der Wahlkampf an Wahlkampfständen gestört werden. Die Aktion entwickelte schnell eine große Dynamik und Gruppen aus anderen Bundesländern wie Hessen, Rheinland-Pfalz und Bayern schlossen sich bereits wenige Wochen nach ihrem Start an.

Der islamistische Extremismus bleibt eine große Bedrohung

„Die Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus wird weiterhin als hoch eingestuft. Allgemein befürwortet und legitimiert der islamistische Terrorismus – oder Dschihadismus – die Anwendung von Gewalt zur Verbreitung und Durchsetzung der islamischen Religions- und Gesellschaftsordnung“, betonte Minister Thomas Strobl. Dschihadistische Propaganda wurde in Form von Texten und Videos in zahlreichen Sprachen weitgehend über das Internet verbreitet. So hat beispielsweise der sogenannte „Islamische Staat“ weltweit zu Anschlägen aufgerufen. Neben dschihadistisch organisierten Strukturen – Terrororganisationen – stellen insbesondere dschihadistisch motivierte Personen ein potenzielles Risiko dar. Das islamistische Potenzial in Baden-Württemberg betrug im Berichtszeitraum insgesamt 4.230 Personen und ist seit 2019 relativ konstant geblieben. Die meisten Personen kamen aus der legalistisch-islamistischen Bewegung „Milli Görus“ mit 2.260 Personen und aus dem salafistischen Spektrum mit 1.350 Personen.

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Auslandsbezogener Extremismus

Die potenzielle Zahl von Personen, die im Ausland an Extremismus beteiligt sind, ist im Vergleich zum Vorjahr leicht gestiegen. Insbesondere verbesserte Kenntnisse im Zusammenhang mit der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) führten zu einem Anstieg der Personenzahl auf 4.640; 2020 waren es 4.525 bekannte Personen. Auch beim türkischen Linksextremismus wurden Anpassungen vorgenommen. Die Intensität der Aktivitäten in diesem Spektrum deutete auf eine erhöhte Personenzahl hin. Die Fallzahlen im Bereich Politisch motivierte Kriminalität – Fremdideologie gingen 2021 wie im Vorjahr zurück, wenn auch in geringerem Umfang. Dies gilt jedoch nicht für Gewaltdelikte, deren Zahl zugenommen hat. Die meisten Straftaten betrafen Sachbeschädigungen, Beleidigungen und Verstöße gegen das Vereinsgesetz, hauptsächlich im Zusammenhang mit dem türkisch-kurdischen Konflikt.

Baden-Württemberg ist Zielscheibe ausländischer Geheimdienste

„Die Aktivitäten ausländischer Nachrichtendienste waren auch 2021 auf hohem Niveau. Baden-Württemberg steht aufgrund seiner wirtschaftlichen Bedeutung weiterhin im Fokus der Auslandsnachrichtendienste. Aktuell zeigt sich, dass Russland nach Beginn des Angriffskrieges gegen die Ukraine seine Einflussnahme intensiviert und insbesondere die bekannten Narrative verbreitet: Vertauschung von Tätern und Opfern, Bedrohung Russlands durch die Ukraine und den Westen, Erniedrigung und Feindverachtung sowie gezielte Falschmeldungen zur Legitimierung des eigenen Handelns“, sagte Minister Thomas Strobl. Insbesondere soll durch solche Aktionen die jeweilige Community gezielt ausgebeutet und zu Solidarität, Mobilisierung oder Konflikten zwischen den die jeweilige Seite unterstützenden Lagern bewegt werden.

Aufgrund der oft hohen Reichweite, insbesondere bei der Nutzung sozialer Netzwerke, können Desinformationskampagnen auch zu Verunsicherung führen, Vorurteile hervorrufen oder verstärken und damit gesellschaftliche Konflikte vertiefen.

Ministerium des Innern, für Digitalisierung und Kommunen: Verfassungsschutzbericht 2021

Amt für Verfassungsschutz in Baden-Württemberg

Inspiriert von Landesregierung BW

Sophie Müller

Sophie Müller ist eine gebürtige Stuttgarterin und erfahrene Journalistin mit Schwerpunkt Wirtschaft. Sie absolvierte ihr Studium der Journalistik und Betriebswirtschaft an der Universität Stuttgart und hat seitdem für mehrere renommierte Medienhäuser gearbeitet. Sophie ist Mitglied in der Deutschen Fachjournalisten-Assoziation und wurde für ihre eingehende Recherche und klare Sprache mehrmals ausgezeichnet. Ihre Artikel decken ein breites Spektrum an Themen ab, von der lokalen Wirtschaftsentwicklung bis hin zu globalen Finanztrends. Wenn sie nicht gerade schreibt oder recherchiert, genießt Sophie die vielfältigen kulturellen Angebote Stuttgarts und ist eine begeisterte Wanderin im Schwäbischen Wald.

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