Damit sich die Delta-Variante des Coronavirus auch bei Aufhebung aller Kontaktbeschränkungen nicht ausbreiten kann, müssten rund 90 Prozent der Bevölkerung geimpft werden. Das zeigt eine vom Staat in Auftrag gegebene Studie.
Rund 90 Prozent der Gesamtbevölkerung müssten geimpft werden, damit sich die grassierende Delta-Variante des Coronavirus auch bei Aufhebung aller Kontaktbeschränkungen nicht ausbreiten kann. Das ist eine der Schlussfolgerungen des Tübinger Epidemiologen Prof. Dr. Martin Eichner in seinem Literaturstudium (PDF)die er im Auftrag des Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg vorgelegt hat.
Politik basierend auf wissenschaftlichen Fakten
Die derzeit verabreichten Impfstoffe sind alle geeignet und sehr wirksam – auch die Ergebnisse bestätigen dies. Auch bei der sehr aggressiven Delta-Variante schützen die Impfstoffe zu 90 bis 100 Prozent davor, schwer zu erkranken, ins Krankenhaus eingeliefert zu werden oder gar zu sterben. Der Schutz vor Krankheiten – auch bei milderen Symptomen – beträgt bis zu 86 Prozent.
Gesundheitsminister Manne Lucha dankte Prof. Dr. Martin Eichner für die umfangreiche Arbeit: „Uns ist es sehr wichtig, dass wir unsere Politik an wissenschaftlichen Fakten orientieren. Und diese machen deutlich: Es müssen noch viel mehr Menschen in Baden-Württemberg zusammenkommen impfen. Unsere Impfrate von 65,4 Prozent reicht dafür nicht aus Pandemie besiegen. Das merken wir auch in den Krankenhäusern, deren Intensivstationen aktuell wieder voll mit meist ungeimpften Corona-Patienten sind. Gemeinsam mit den niedergelassenen Ärzten stellen wir uns der Aufgabe und mit den mobilen Teams die wir jetzt wieder erhöhen, unseren Beitrag zur Impfkampagne. Denn Impfungen sind der sicherste Weg aus der Pandemie. „
Die anderen Erkenntnisse:
- Die Infektiosität von geimpften Infizierten ist um rund 40 Prozent geringer als die von nicht geimpften Infizierten.
- Generell schützt die Impfung gesunde, junge Menschen besser als ältere, multimorbide Menschen – deshalb ist die Auffrischimpfung gerade für ältere Menschen so wichtig.
- Auffrischimpfungen tragen dazu bei, ältere und multimorbide Patienten vor Krankheiten zu schützen und Ausbrüche in Alten- und Pflegeheimen zu reduzieren.
- Auch wenn es in der Bevölkerung viel mehr Geimpfte als Nicht-Geimpfte gibt, dominieren die Nicht-Geimpften die Übertragungssituation: Die nicht-geimpfte Minderheit macht rund 64 bis 78 Prozent aller Infektionen aus.
Was bedeutet Impfstoffwirksamkeit?
Die Wahrscheinlichkeit, ernsthaft an COVID-19 zu erkranken, ist bei vollständig gegen COVID-19 geimpften Personen um rund 90 Prozent geringer als bei nicht geimpften. Hier ein Beispiel: Stellen Sie sich vor, in einem Gebiet mit vielen aktiven COVID-19-Fällen kommen etwa 20 Fälle auf 1.000 Einwohner. Würde ein Teil der Bevölkerung in diesem Gebiet geimpft werden, würden 20 von 1.000 Ungeimpften COVID-19 bekommen, aber nur etwa 2 von 1.000 Geimpften. Kommt eine mit einem COVID-19-Impfstoff geimpfte Person mit dem Erreger in Kontakt, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sie nicht ernsthaft erkrankt. (Quelle: Robert Koch-Institut: FAQ COVID-19 und Impfung)
Prof. Martin Eichner ist Epidemiologe am Institut für Klinische Epidemiologie und Angewandte Biometrie der Universität Tübingen.
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