Die Katholische Kirche steht vor fundamentalen Veränderungen, die nicht nur ihre Struktur, sondern auch die Art und Weise, wie sie ihre Gemeinde erreicht und unterstützt, betreffen. Dekanatsreferent Achim Wicker und Dekan Pater Augusty Kollamkunnel haben sich in einem aktuellen Gespräch zu den Entwicklungen in ihrer Gemeinde geäußert. Mit einer Mischung aus Hoffnung und der Herausforderung, die die sinkenden Mitgliederzahlen mit sich bringen, reflektieren sie die gegenwärtige Situation.
Ein herausragendes Projekt, das die Kirche trotz des Mitgliederschwunds vorantreibt, ist die Vesperkirche. Wicker betont, wie wichtig es ist, dass größere Städte solche Einrichtungen haben, um bedürftigen Menschen eine warme Mahlzeit und ein Gefühl von Gemeinschaft zu bieten. Die Vesperkirche in Balingen und Ebingen hat sich als Ort der Zuflucht etabliert, wo man ohne Voranmeldung einfach erscheinen kann.
Die positive Botschaft der Vesperkirche
Die Vesperkirche ist mehr als nur eine Essensausgabe; sie bietet eine Plattform für Gastfreundschaft und Zusammengehörigkeit. Viele Teilnehmer fühlen sich während der zwölf Tage des Projekts besonders wohl und schätzen die Atmosphäre. Von Beratern der Diakonie und Caritas, die vor Ort sind, erhalten die Gäste nicht nur ein Essen, sondern auch einen vertrauensvollen Ansprechpartner, wenn sie Hilfe benötigen.
Während die Erfolge der Vesperkirche ermutigen, stehen die Verantwortlichen vor Herausforderungen, insbesondere in Bezug auf die Personalsituation. Die Rekrutierung neuer Mitarbeiter wird zunehmend kompliziert, daher eröffnet die Kirche Stellenausschreibungen nicht nur für Theologen, sondern auch für Fachkräfte aus anderen Bereichen. Wicker ist der Meinung, dass solch eine Diversität die Kirche bereichert und anpassungsfähiger macht.
Die Suche nach neuen Wegen zur Sicherung der Finanzmittel hat ebenfalls höchste Priorität. Partnerschaften mit Institutionen wie der Sparkasse und regionalen Stiftungen sind dabei besonders wertvoll.
Nachhaltigkeitsinitiativen und Umweltschutz
Ein zusätzliches Element der Neuausrichtung ist das Projekt „Räume für eine Kirche der Zukunft“, bei dem 30 Prozent der beheizten Räumlichkeiten, abgesehen von den Kirchen, aufgegeben werden sollen. Dies ist Teil einer umfassenden Strategie, die auch Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigt. Wicker stellt klar, dass das Ziel der Kirche nicht nur Kostensenkung, sondern auch die Verpflichtung zur Klimaneutralität ist.
Zudem haben einige Kirchengemeinden in der Region das Label „faire Gemeinde“ erhalten, da sie sich zu einem fairen und biologischen Einkauf verpflichtet haben und jährlich Veranstaltungen zur Förderung von Fairtrade-Produkten durchführen. Solche Initiativen setzen ein starkes Zeichen für ein nachhaltiges Miteinander.
Die Jugendarbeit stellt eine weitere Herausforderung dar, insbesondere in Zeiten, in denen stabile Anstellungen fehlen. Die Vakanz im Jugendreferat hat dazu geführt, dass weniger regelmäßige Angebote für Jugendliche bereitgestellt werden können. Doch auch hier gibt es positive Beispiele, wie die 72-Stunden-Aktion, bei der junge Menschen gemeinsam an Projekten arbeiten, um etwas Gutes für die Gesellschaft zu tun.
Diese Aktionen zeigen, dass trotz der Schwierigkeiten das Engagement für soziale Projekte und der Zusammenhalt innerhalb der Gemeinde stark bleiben.
Trotz der Herausforderungen blickt Wicker optimistisch in die Zukunft. Die nächsten fünf Jahre könnten spannend werden und bringen viele Möglichkeiten für einen Neuanfang. Innovative Projekte, wie eine Wallfahrt mit Mopeds und Traktoren, sollen bewerkstelligen, dass die Kirche auch für junge Menschen attraktiv bleibt.
Die aktuellen Diskussionen über Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche werfen einen Schatten auf die Bemühungen der Gemeinde. Wicker äußert sich betroffen über die Vorfälle und betont, dass die Kirche sich nun stärker mit dem Thema beschäftigt und präventive Maßnahmen ergreift. Schutzkonzepte werden implementiert, um ähnliche Vorkommnisse in Zukunft zu vermeiden.
Der Dialog zwischen den unterschiedlichen Konfessionen und die ökumenische Zusammenarbeit sind für die Zukunft von großer Bedeutung. Viele Menschen sehen den Klimawandel und soziale Ungerechtigkeiten als vordringliche Gefahren unserer Zeit. Die Katholische Kirche hat die Chance, durch Engagement in der Bildung und im Umweltschutz eine positive Richtung einzuschlagen. Wicker und Kollamkunnel arbeiten unermüdlich daran, die Verbindung zu den Menschen zu stärken und die Kirche als relevanten Teil der Gesellschaft zu positionieren.
In den kommenden Jahren wird sich zeigen, wie gut diese Veränderungen umgesetzt und angenommen werden. Es braucht Mut zur Veränderung und eine klare Vision, um auch in schwierigen Zeiten eine tragende Rolle einzunehmen.
– NAG