Universität Konstanz revolutioniert Arzneimitteltestverfahren – Tierversuchsfreier Pyrogentest verabschiedet sich in die Vergangenheit
Die Universität Konstanz hat einen wichtigen Schritt in Richtung tierversuchsfreier Forschung gemacht. Anlässlich des internationalen Tags des Kaninchens wurde bekannt gegeben, dass ein neu entwickelter Test zur Überprüfung von Injektionslösungen und injizierbaren Arzneimitteln den bisherigen Kaninchen-Pyrogentest ersetzen wird. Der Monozyten-Aktivierungstest (MAT), der auf menschlichem Blut basiert, könnte damit künftig industrielle Standards setzen und die Nutzung von Tieren in der medizinischen Forschung signifikant reduzieren.
Der herkömmliche Kaninchen-Pyrogentest (RPT) – seit Jahrzehnten die übliche Methode zur Überprüfung auf fieberauslösende Substanzen – involvierte die Injektion von Verdachtsstoffen in die Ohrvene von Kaninchen. Diese Tiere wurden dann über mehrere Tests, bis zur Euthanasie, gehalten, während ihre Körpertemperatur kontinuierlich überwacht wurde. Laut Angaben der Universität wurden in Deutschland jährlich etwa 6.000 Kaninchen für diese Tests verwendet. "Ein großer Erfolg für den Tierschutz", kommentierte Dr. Julia Stubenbord, die Landestierschutzbeauftragte von Baden-Württemberg.
Die innovative Methode des MAT nutzt menschliches Blut und simuliert die Immunreaktion, die auftritt, wenn pyrogene Substanzen vorhanden sind. Anstelle von Temperaturänderungen werden spezifische Entzündungsbotenstoffe (Zytokine) nachgewiesen, die aus einer Reaktion der Monozyten resultieren. Diese moderne Herangehensweise ist nicht nur ethischer, sondern möglicherweise auch präziser, da sie direkt die menschliche Immunantwort statt die von Tieren testet. Der MAT wurde bereits 2005 international validiert und weitreichend anerkannt: 2010 fand er seinen Platz im Europäischen Arzneibuch.
Mit der Entscheidung der Europäischen Kommission, den Kaninchen-Pyrogentest aus dem Europäischen Arzneibuch zu streichen, wird der MAT zur geforderten Standardmethode für Testverfahren. Dies wird voraussichtlich zum 1. Juli 2025 wirksam, was das Ende einer jahrzehntelangen Praxis markiert.
Mögliche Auswirkungen der neuen Testmethode
Die Implementierung des MAT könnte weitreichende positive Auswirkungen auf die Forschung und Entwicklung von Arzneimitteln haben:
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Tierschutz: Der wichtigste Vorteil ist der signifikante Rückgang der Zahl von Tieren, die für Testzwecke benötigt werden. Der MAT reduziert die ethischen Bedenken, die mit Tierversuchen verbunden sind, und könnte die gesellschaftliche Akzeptanz für medizinische Forschungen erhöhen.
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Kosteneffizienz: Langfristig könnten die Produktionskosten für Medikamente sinken, da die tierversuchsfreien Methoden oft schneller und wirtschaftlicher zu implementieren sind. Außerdem könnten mögliche rechtliche Probleme und Kosten durch Tierversuche minimiert werden.
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Fokus auf innovative Forschung: Die Nutzung von humanen Tests und analytischen Methoden könnte Innovationen im pharmazeutischen Bereich fördern, da Firmen gezwungen sind, sich stärker mit modernen Technologien und Methoden auseinanderzusetzen.
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Internationale Standards: Wenn die Konstanzer Methode sich als erfolgreich erweist, könnte sie zum internationalen Standard in der Arzneimittelprüfung werden. Das könnte wiederum den Export und die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen auf dem globalen Markt stärken.
- Reduktion alternativer tierversuchsbasierter Methoden: Der MAT könnte potenziell nicht nur den Kaninchen-Pyrogentest ersetzen, sondern auch andere experimentelle Ansätze, die auf Tieren basieren, wie den Test mit dem Blut von Pfeilschwanzkrebsen.
Insgesamt deutet alles darauf hin, dass die "Konstanzer Methode" nicht nur ein Fortschritt in der Medizin, sondern auch ein bedeutender Schritt in der ethischen Verantwortung für den Tierschutz ist.