
Geringfügiger Anstieg der rechtskräftigen Verurteilungen in Baden-Württemberg im Jahr 2022
Baden-Württemberg verzeichnete im Jahr 2022 einen geringfügigen Anstieg der rechtskräftigen Verurteilungen im Vergleich zum Vorjahr. Laut dem Statistischen Landesamt wurden rund 96.100 Personen vor Gericht schuldig gesprochen, was einer Steigerung um 0,3 Prozent oder 275 Verurteilungen entspricht.
Besonders auffällig ist dabei der Rückgang der Verurteilungen im Bereich der Jugendlichen und Heranwachsenden. Die Zahl der verurteilten Jugendlichen sank um 9,4 Prozent auf den niedrigsten Stand seit 1952, während bei den Heranwachsenden ein Rückgang von 8,8 Prozent verzeichnet wurde.
Justizministerin Marion Gentges betonte, dass der geringe Anstieg der Verurteilungen vor allem auf die Zunahme der Straßenverkehrsdelikte zurückzuführen sei. Über ein Viertel der Schuldsprüche erfolgte aufgrund von Verkehrsvergehen, was einem Anstieg um 8,6 Prozent entspricht. Von den insgesamt 25.100 Verurteilungen im Straßenverkehr wurden 54 Prozent wegen Delikten ohne Trunkenheit und 46 Prozent wegen Delikten in Verbindung mit Alkohol verurteilt. Besonders deutlich ist hierbei der Anstieg von 20,5 Prozent bei der Trunkenheit im Verkehr zu verzeichnen. Ebenfalls eine signifikante Steigerung gab es bei einfachen Diebstahlsdelikten mit einem Plus von 11,1 Prozent.
Gentges wies darauf hin, dass die Zunahme in diesen beiden Deliktsbereichen möglicherweise auf Gegenbewegungen nach den coronabedingten Rückgängen in den Vorjahren zurückzuführen sei. Während des Lockdowns führten geschlossene Geschäfte zu einem Rückgang der Diebstahlsverurteilungen, während geschlossene Gaststätten und Clubs zu einem Rückgang bei den Straßenverkehrsdelikten, insbesondere mit Trunkenheitsbezug, führten. Mit der Aufhebung der Maßnahmen steigen nun auch die Verurteilungszahlen in diesen Bereichen wieder an.
Ein weiterer interessanter Aspekt der Statistik ist der Anstieg der verurteilten Frauen um 5,7 Prozent, während die Zahl der verurteilten Männer leicht zurückging. Dies führt dazu, dass der Anteil der verurteilten Frauen an allen verurteilten Personen erstmals seit 2015 wieder gestiegen ist. Gentges vermutet auch hier einen möglichen Zusammenhang mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie.
Die Strafverfolgungsstatistik spiegelt laut Gentges das öffentliche Leben wider und korrespondiert mit den Kriminalitätsrückgängen, die in der polizeilichen Kriminalstatistik bis 2021 zu beobachten waren. Es bleibt abzuwarten, inwieweit sich die Trendwende in der Strafverfolgungsstatistik durch die steigende Kriminalität im Bereich der Gewalt- und Jugendkriminalität widerspiegelt. Dennoch betont die Justizministerin, dass die Präventionsanstrengungen und die Bemühungen, Jugendliche und Heranwachsende nach Straftaten wieder auf den rechten Weg zu bringen, intensiv fortgeführt werden.
Im Deliktsbereich „Betrug und Untreue“ ist hingegen ein Rückgang zu verzeichnen. Hier gab es den höchsten absoluten Rückgang im Vergleich zum Vorjahr mit einem Minus von 1.700 Fällen oder 10,6 Prozent. Besonders signifikant ist der Rückgang beim Erschleichen von Leistungen, was mehr als ein Drittel der Straftaten in dieser Kategorie ausmachte. Im Vergleich zum Vorjahr sank die Zahl dieser Delikte um 1.900 Fälle.
Es ist wichtig anzumerken, dass die Strafverfolgungsstatistik nur die Fälle berücksichtigt, bei denen bereits Anklage erhoben wurde und keine Tatverdächtigen ermittelt werden konnten. Zudem werden keine Zahlen zu eingestellten Ermittlungsverfahren berücksichtigt. Die Polizeiliche Kriminalstatistik hingegen bietet ein umfassenderes Bild der Kriminalität.
Insgesamt bestätigt die Strafverfolgungsstatistik in Baden-Württemberg den allgemeinen Trend einer leichten Zunahme der Verurteilungen, insbesondere im Bereich der Straßenverkehrsdelikte, während die Verurteilungen von Jugendlichen und Heranwachsenden zurückgehen. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie scheinen sich auch in der Kriminalitätsentwicklung und -verfolgung widerzuspiegeln.