Bio-Milchviehhaltung: Lösungen für das Kälberproblem
Eine aktuelle Studie der Universität Hohenheim zeigt, dass das Wissen über den Zusammenhang zwischen Milch und der Geburt von Kälbern in der Bevölkerung schwach ausgeprägt ist. Die steigende Milchproduktion führt dazu, dass immer mehr Kälber geboren werden, da Kühe einmal im Jahr ein Kalb zur Welt bringen müssen, um kontinuierlich Milch geben zu können. Diese Kälber werden jedoch weder ethisch noch ökonomisch gewürdigt.
Besonders betroffen sind männliche Kälber und überzählige weibliche Jungtiere, die nicht für die Milchproduktion benötigt werden. Sie werden im Alter von wenigen Wochen verkauft und in andere Regionen oder ins Ausland transportiert, um dort gemästet zu werden. Auf Bio-Betrieben in Baden-Württemberg werden jährlich über 22.000 überzählige Kälber geboren.
Für die Tiere bedeutet dies nicht nur lange Transporte, sondern auch, dass sie meist die regionale Bio-Wertschöpfungskette verlassen, da sie an konventionelle Mastbetriebe verkauft werden. Dies ist sowohl für Bio-Landwirte als auch für Verbraucher eine unbefriedigende Situation.
Um Lösungen für dieses Problem zu finden, haben Forscher der Universität Hohenheim und der HfWU zusammen mit Bio-Landwirten, Bio-Verbänden und anderen Experten Strategien entwickelt. Der Fokus lag dabei auf Bio-Musterregionen in Baden-Württemberg.
Die Forscher haben einen Maßnahmenkatalog erarbeitet, der verschiedene Ansätze zur Reduzierung der Kälberzahl und zur Verbesserung der Mast beinhaltet. Zum Beispiel könnte die Zeit zwischen den Geburten in den Betrieben verlängert werden, um weniger Kälber zu erzeugen. Des Weiteren könnten Zweinutzungsrassen eingesetzt werden, die sowohl Milch als auch Fleisch liefern, oder die Kälber könnten unter besseren Bedingungen gemästet und geschlachtet werden.
Allerdings muss jeder Betrieb seinen eigenen Weg finden, diese Maßnahmen umzusetzen. Die Politik ist gefordert, geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen, die den individuellen Gegebenheiten der Betriebe gerecht werden.
Ein zentraler Punkt bei der Umsetzung dieser Maßnahmen sind die Verbraucher. Nur wenn sie das Fleisch kaufen und konsumieren, können sich die Investitionen und die Aufzucht der Kälber für die Landwirte lohnen. Deshalb ist es wichtig, dass die Menschen über die Problematik informiert sind und entsprechende Anreize erhalten.
Die Studie zeigte jedoch, dass der Zusammenhang zwischen Milch und Kälberaufzucht vielen Menschen nicht bewusst ist. Deshalb müssen gezielte Informationen über das Thema verbreitet werden, um die Nachfrage nach ethisch hergestellten Milch- und Fleischprodukten zu fördern.
Ein weiterer Aspekt, der die Nachfrage beeinflusst, ist der Geschmack der Produkte. Hier müssen die Verbraucher darüber informiert werden, dass qualitativ hochwertiges Kalbfleisch rot gefärbt ist und dass dies ein Qualitätsmerkmal ist.
Eine Möglichkeit, die Nachfrage nach Bio-Kalbfleisch zu steigern, sehen die Forscher in der Betriebsgastronomie. Hier könnten bereits verarbeitete Gerichte aus Bio-Kalbfleisch angeboten werden, um die Menschen von der Qualität dieses Fleisches zu überzeugen.
Das Projekt „WertKalb“ ist eines von vier Projekten im Forschungsprogramm Ökologischer Landbau, das von der Landesregierung von Baden-Württemberg finanziell gefördert wird. Ziel des Projektes ist es, eine tierethisch vertretbare und nachhaltige Entwicklung der ökologischen Milchviehhaltung zu fördern.
Tabelle: Herkunft und Verbleib der überzähligen Kälber in Bio-Betrieben in Baden-Württemberg (jährlich)
Verbleib der Kälber | |
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Betrieb | Norddeutschland | Ausland |
———————— | ——————————————————————- |
Bio-Betrieb 1 | 50 Kälber | 20 Kälber |
| Bio-Betrieb 2 | 40 Kälber | 10 Kälber |
Diese Tabelle zeigt beispielhaft, wie viele überzählige Kälber in Bio-Betrieben in Baden-Württemberg geboren werden und wohin sie verkauft werden. Die genauen Zahlen können je nach Betrieb variieren.
Das Projekt „WertKalb“ setzt sich dafür ein, dass die Aufzucht und Vermarktung der Kälber aus der ökologischen Milchviehhaltung ethisch vertretbar und nachhaltig gestaltet wird. Es bringt Landwirte, Experten und Verbände zusammen, um gemeinsam Lösungen zu erarbeiten und die Informationslage der Verbraucher zu verbessern.
Für weitere Informationen zu dem Projekt und dem Maßnahmenkatalog besuchen Sie bitte die Webseite der Universität Hohenheim.
Kontakt für Medien:
– Prof. Dr. Mizeck Chagunda, Universität Hohenheim, Fachgebiet Tierhaltung und Tierzüchtung in den Tropen und Subtropen
– M.sc. Josephine Gresham, Universität Hohenheim, Fachgebiet Tierhaltung und Tierzüchtung in den Tropen und Subtropen
– Prof. Dr. Nanette Ströbele-Benschop, Universität Hohenheim, Fachgebiet Angewandte Ernährungspsychologie
– M.sc. Mareike Herrler, Universität Hohenheim, Fachgebiet Angewandte Ernährungspsychologie
Quelle: Universität Hohenheim
Quelle: Universität Hohenheim / ots