Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim hat das Veterinäramt in Schwäbisch-Hall verpflichtet, erneut über die Beschwerde der Tierschutzorganisation Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg e.V. zu entscheiden. Das Veterinäramt hatte zuvor den Mastbetrieb als „gute Putenhaltung“ eingestuft, während die Tierschutzorganisation auf tierschutzwidrige Bedingungen hinwies. Das Gericht hat nun die Rechtsauffassung des Veterinäramts in Frage gestellt. Die genauen Gründe für das Unvereinbar des Gerichts mit geltendem Recht werden erst in einigen Wochen veröffentlicht.
Der Streit begann im Jahr 2017, als Menschen für Tierrechte beim Veterinäramt beantragte, gegen die Zustände in einer Putenmast im Kreis Schwäbisch-Hall vorzugehen. Das Veterinäramt sah jedoch keine Notwendigkeit zum Handeln, da es die Bedingungen als „gute Putenhaltung“ ansah. Daraufhin reichte die Tierschutzorganisation eine Untätigkeitsklage gegen den Landkreis ein. Das Verwaltungsgericht Stuttgart wies die Klage zunächst ab, da der Verein seiner Auffassung nach alle Informationen offenlegen sollte, einschließlich der Identität der Stallfilmer. Diese Entscheidung hätte die Arbeit zukünftiger Informanten erschwert. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg ließ jedoch eine Berufung gegen das Urteil zu und erklärte schließlich in einem Zwischenurteil im Jahr 2021, dass die ursprüngliche Klage zulässig ist.
In der Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof in Mannheim wurde ein Gutachten eines Sachverständigen diskutiert. Dieser Fall ist die bisher weitest fortgeschrittene Verbandsklage einer Tierschutzorganisation in Deutschland.
Am Verhandlungstag protestierten etwa 35 Tierschützer vor dem Gerichtsgebäude gegen die Bedingungen in der Putenmast. In Deutschland werden überwiegend schwere Hybriden für die Mast verwendet. Diese Tiere haben aufgrund ihres Gewichts und der Zuchtmerkmale wie Brustfleisch gesundheitliche Probleme und sind in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt. In den konventionellen Ställen leben tausende Tiere und es gibt keine Ausläufe oder andere artgemäße Möglichkeiten zum Ruhen. Zudem werden den Mastputen routinemäßig die Schnäbel gekürzt, um Verletzungen durch Aggressionen zu verringern.
Die Albert Schweitzer Stiftung setzt sich gegen Massentierhaltung ein und fördert eine vegane Lebensweise. Zusätzlich nutzt sie juristische Mittel, um Tierschutzstandards zu erhöhen und den Verbrauch von Tierprodukten zu reduzieren.
Die Tierschutzorganisation Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg e.V. kämpft seit 1983 für den Schutz und die Rechte der Tiere. Sie ist Mitglied im Landestierschutzbeirat Baden-Württemberg und einer der anerkannten Verbände für das TierSchMVG.
Im Folgenden finden Sie eine Tabelle mit Informationen zur Putenhaltung in Deutschland:
Putenart | Gewichtszunahme in Wochen | Gewicht der Henne nach 16 Wochen | Gewicht des Hahns nach 21 Wochen |
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Hauptlinie „B.U.T. 6“ | 22,5 kg | mehr als 11 kg | – |
Die Brustmuskulatur macht bei diesen Tieren mehr als ein Drittel des gesamten Körpergewichts aus. Die Puten werden in den konventionellen Ställen auf engstem Raum gehalten und haben aufgrund ihrer Körpermasse und der Bedingungen in den Ställen schwerwiegende gesundheitliche Probleme.
Dieses Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim könnte bedeutende Auswirkungen auf die Putenmast in Baden-Württemberg haben und dazu führen, dass Tierschutzstandards in der Branche überprüft werden müssen.
Quelle: Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt / ots