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Vincenzo Gualtieri aus Wuppertal: Überraschender IBF-Weltmeister im Boxen

Vincenzo Gualtieri gewinnt als Underdog gegen den Brasilianer Falcao und ist Box-Weltmeister

Es war ein Kampf, der einer Weltmeisterschaft würdig war. Nach zwölf intensiven Runden war die Überraschung perfekt. Vincenzo Gualtieri gewinnt als Underdog gegen den Brasilianer Falcao und ist Box-Weltmeister. Er ist der erste Deutsche seit 2016 mit einem großen WM-Titel.

Von Jens Walbrodt (Wuppertal)

Vincenzo Gualtieri musste nicht lang überlegen. Woher die Stärke für diese Mammut-Aufgabe kam, hatte der Ringsprecher gerade gefragt. Gualtieri war kurz zuvor der Gürtel des IBF-Weltmeisters umgelegt worden. „Die Stärke kam von oben“, sagte der neue Weltmeister: „Graciano!“

Es ist, als würde sich ein Kreis schließen. Graciano Rocchigiani hatte Gualtieri einst entdeckt und bis zu seinem Unfall-Tod 2018 gefördert. Gualtieri zählt ihn bis heute zu seiner Familie. Und jetzt gibt es eine weitere Parallele zwischen ihnen: Beide wurden Weltmeister beim großen Verband IBF. Rocchigiani holte den Titel 1988, Gualtieri an diesem denkwürdigen 1. Juli 2023.

Enger Kampf mit hoher Intensität

Es war ein spannendes und packendes Duell bis zur letzten Runde in Wuppertal. Der Underdog aus Deutschland lieferte einen tollen Kampf gegen den ebenfalls stark fightenden Brasilianer Esquiva Falcao. Eine frenetische Uni-Halle in Wuppertal trieb den Lokalmatadoren Gualtieri dabei nach vorn.

So entwickelte sich von Beginn an ein Duell mit hohem Tempo. Falcao bestimmte das Geschehen zunächst mit der rechten Führhand. Doch auch Gualtieri konnte schon zu Beginn einige gute Konter-Treffer landen.

Falcao in Runde zwei bereits angezählt

In der zweiten Runde setzte der Wuppertaler dann das erste Ausrufezeichen des Kampfes. Ein linker Aufwärtshaken Gualtieris traf zunächst die Leber des brasilianischen Olympiazweiten von 2012, ein weiterer linker Aufwärtshaken direkt darauf traf ihn am Kopf – Falcao ging auf die Knie und wurde angezählt.

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Doch das Momentum wechselte danach minütlich zwischen beiden Kämpfern. Gualtieri verließ sich weiter auf seine Beinarbeit und boxte aus dem Rückwärtsgang. Falcao gelang es dabei immer wieder, Gualtieri in der Ringecke zu stellen. Doch auch der Deutsche kam weiter mit Kombinationen zum Kopf oder dem gefährlichen linken Aufwärtshaken durch.

Aufregung in Runde sieben

In der siebten Runde erlebte die Uni-Halle in Wuppertal einen weiteren Aufreger. Beim Versuch, sich mit einem erneuten linken Aufwärtshaken aus einer Drucksituation zu befreien, landete ein Schlag Gualtieris deutlich im Tiefschlagbereich Falcaos. Der Brasilianer ging zu Boden und welzte sich vor Schmerz schreinend umher. Der Ringrichter zählte Falcao zunächst trotzdem an, sodass die Punktrichter die Situation eigentlich als Niederschlag werten mussten. Doch dann unterbrach der Ringrichter den Kampf und gewährte Falcao eine Erholungspause. Er wertete die Aktion nicht als Absicht des Deutschen und ließ den Kampf nach einigen Minuten fortsetzen.

Hohes Tempo bis zum Ende

In Runde zehn musste der Favorit dann erneut zu Boden. Falcao sank nach einem Körpertreffer auf die Knie und reklamierte erneut, zu tief getroffen worden zu sein. Doch der Ringrichter schüttelte energisch den Kopf und zählte Falcao wieder an – noch eine umstrittene Situation, die am Ende jedoch dem Deutschen zugute kam.

Erstaunlich blieb bis zum Schluss das hohe Tempo, das beide Kämpfer gingen. Der Kampf wirkte auch in Runde elf und zwölf nie entschieden, beide Athleten hatten immer wieder gute Aktionen und Treffer.

So mussten nach zwölf zum großen Teil engen Runden die Punktrichterstimmen entscheiden. Und die Wertung war am Ende eindeutig: Der Wuppertaler siegte einstimmig nach Punkten, und damit trägt erstmals seit 2016 wieder ein deutscher Boxer einen Gürtel bei einem der großen vier Weltverbände.

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Gualtieri von Emotionen überwältigt

„Es ist unbeschreiblich, es sind so viele Emotionen, die auf mich einprasseln“, sagte der neue Champion im Interview mit der Sportschau nach dem Kampf: „Ich kann noch gar nicht begreifen, was ich gerade geleistet habe“.

Auch Gualtieris Promoter, Ingo Volckmann, war begeistert: „Er hat hart trainiert und heute alles umgesetzt, was der Trainer gesagt hat. Das ist ein absoluter Hammer“.

Der Sieg im wichtigsten Kampf seines Lebens wird Vincenzo Gualtieri neue Möglichkeiten eröffnen. Aber auch das Profiboxen in Deutschland insgesamt erhofft sich einen Schub und neue Aufmerksamkeit. Und mit dem Kölner Denis Radovan und Routinier Vincentz Feigenbutz sind gleich zwei deutsche Boxer in den IBF-Rankings so platziert, dass ein WM-Kampf gegen Gualtieri möglich wäre.

Doch all das ist für den neuen Weltmeister Zukunftsmusik. „Erstmal genieße ich den Triumph, genieße ich den Sieg“, sagt Gualtieri. Das hat er sich zweifellos verdient.

Einen ausführlichen Bericht zum Kampf sehen Sie heute in der Sportschau ab 19.15 Uhr.

Sophie Müller

Sophie Müller ist eine gebürtige Stuttgarterin und erfahrene Journalistin mit Schwerpunkt Wirtschaft. Sie absolvierte ihr Studium der Journalistik und Betriebswirtschaft an der Universität Stuttgart und hat seitdem für mehrere renommierte Medienhäuser gearbeitet. Sophie ist Mitglied in der Deutschen Fachjournalisten-Assoziation und wurde für ihre eingehende Recherche und klare Sprache mehrmals ausgezeichnet. Ihre Artikel decken ein breites Spektrum an Themen ab, von der lokalen Wirtschaftsentwicklung bis hin zu globalen Finanztrends. Wenn sie nicht gerade schreibt oder recherchiert, genießt Sophie die vielfältigen kulturellen Angebote Stuttgarts und ist eine begeisterte Wanderin im Schwäbischen Wald.

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