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Verbandschefin hält flächendeckende Siesta in Deutschland für unrealistisch

Redaktioneller Artikel:

Hitzewellen in Deutschland: Ist eine Siesta wie in südeuropäischen Ländern sinnvoll?

Angesichts häufigerer Hitzewellen regen Amtsärzte in Deutschland eine Siesta wie in südeuropäischen Ländern an. Die Vizepräsidentin des Verbandes Deutscher Betriebs- und Werksärzte, Annette Wahl-Wachendorf, sieht das jedoch kritisch.

In einem Interview mit tagesschau.de äußerte sich Wahl-Wachendorf zu dem Vorschlag einer Siesta in den Sommermonaten. Sie betonte, dass sie grundsätzlich gegen Pauschalisierungen sei, da diese nie zielführend seien. Sie habe selbst schlechte Erfahrungen mit langen Pausen gemacht, als sie im Schichtdienst arbeitete. Zudem gebe es in Deutschland bereits Instrumente wie die Gefährdungsbeurteilung und das Stop-Prinzip zur Ableitung von Arbeitsschutzmaßnahmen. Eine flächendeckende Siesta sei daher weder sinnvoll noch realistisch.

Die Betriebsärztin riet stattdessen zu Abschattungsmaßnahmen und Kühlung am Arbeitsplatz. Diese Maßnahmen würden bereits besser umgesetzt und hätten bei großer Hitze eine positive Wirkung. Zudem empfahl sie eine Arbeitszeitverlagerung in den frühen Morgenstunden. In Branchen wie der Bauwirtschaft, Landwirtschaft und Logistik seien bereits Schutzmaßnahmen wie Kopf- und Nackenschutz vorhanden. Doch auch Menschen in besonderen Beschäftigungsverhältnissen, wie Zeitarbeiter, benötigen laut Wahl-Wachendorf Beratung und Schutz.

Die Regierung arbeite derzeit an Hitzeschutzplänen, bei denen Frankreich als Vorbild diene. Dennoch müsse das Verständnis für die Gesundheit weiter geschärft werden. Arbeitnehmer hätten aufgrund des Fachkräftemangels eine starke Position, was den Arbeitgebern zunehmend bewusst werde.

Auf die Frage nach einer sinnvollen Grenze für Temperaturen oder Monate, in denen eine Siesta umgesetzt werden könnte, antwortete Wahl-Wachendorf, dass eine flächendeckende Begrenzung schwierig sei. Wichtiger sei der Schutz von Menschen an besonders betroffenen Arbeitsplätzen und die Anpassung der Arbeitsplätze für Menschen mit Vorerkrankungen. Organisatorisch gäbe es noch Verbesserungspotenzial, das kritisch reflektiert werden müsse.

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Es bleibe abzuwarten, ob Unternehmen den Siesta-Vorschlag aufgreifen und umsetzen würden. Wahl-Wachendorf empfahl eine Beteiligung der Betriebsräte und individuelle Beratungen für kleinere Unternehmen, um organisatorische Maßnahmen an die Anforderungen der Unternehmen und Bedürfnisse der Beschäftigten anzupassen.

Das Interview führte Antje Erhard von der ARD-Finanzredaktion für tagesschau.de.

Sophie Müller

Sophie Müller ist eine gebürtige Stuttgarterin und erfahrene Journalistin mit Schwerpunkt Wirtschaft. Sie absolvierte ihr Studium der Journalistik und Betriebswirtschaft an der Universität Stuttgart und hat seitdem für mehrere renommierte Medienhäuser gearbeitet. Sophie ist Mitglied in der Deutschen Fachjournalisten-Assoziation und wurde für ihre eingehende Recherche und klare Sprache mehrmals ausgezeichnet. Ihre Artikel decken ein breites Spektrum an Themen ab, von der lokalen Wirtschaftsentwicklung bis hin zu globalen Finanztrends. Wenn sie nicht gerade schreibt oder recherchiert, genießt Sophie die vielfältigen kulturellen Angebote Stuttgarts und ist eine begeisterte Wanderin im Schwäbischen Wald.

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