Neue Bekanntschaften zu schließen, gestaltet sich oft als ein schwieriges Unterfangen. Juliane, die in mehreren Städten gelebt hat, kann hiervon ein Lied singen. Um anderen dabei zu helfen, aus der Einsamkeit auszubrechen, hat sie die Initiative „Women Walk and Talk“ in Stuttgart ins Leben gerufen.
Das Konzept ist einfach, aber effektiv: Statt in einem stickigen Café zu sitzen und sich steif gegenüberzusitzen, schlägt Juliane vor, einfach zusammen spazieren zu gehen. Denn während man läuft, fühlt man sich nicht nur woanders, sondern hat auch automatisch etwas zu tun, was Gespräche erleichtert. „Man hat etwas zu tun und sitzt sich nicht steif gegenüber“, erklärt sie. „Es herrscht einfach eine sehr lockere und offene Atmosphäre.“
Die Motivation hinter „Women Walk and Talk“
Die Idee zu dieser Gruppe entstand, weil Juliane selbst erfahren hat, wie schwer es ist, in einer neuen Stadt Anschluss zu finden. „Es ist dieser Wunsch nach Verbundenheit, das Gefühl, dass etwas fehlt“, beschreibt sie. Sie hat die Einsamkeit erlebt und möchte anderen Frauen helfen, sich weniger allein zu fühlen. „Sozialisieren ist wie ein Muskel, den man trainieren muss. Wenn man ihn eine Weile vernachlässigt, ist es schwer, ihn wieder zu aktivieren.“ Sofern man regelmäßig Kontakt zu anderen hat, wird das Knüpfen von Freundschaften wesentlich einfacher.
Die Gruppe ist besonders auf Frauen und andere FLINTA-Personen ausgerichtet – also Frauen, Lesben, intersexuelle, nicht-binäre, trans und agender Personen. „Wir sind dein Safe Space!“ Dieser Satz ziert den offiziellen Instagram-Account der Initiative. Juliane erhält oft Rückmeldungen von Teilnehmerinnen, dass sie sich in einer Frauenrunde freier fühlen. „Man muss sich keine Gedanken darüber machen, was man anzieht oder wie man sich verhält“, sagt eine Teilnehmerin. Das Gefühl der Zugehörigkeit und des Vertrautseins ist entscheidend für viele, die neu in der Stadt sind.
Die positive Resonanz und künftige Pläne
Die Rückmeldungen zu den Walks sind durchweg positiv. Frauen, die sich sonst vielleicht zurückgezogen fühlen, erzählen, wie wichtig diese Art von Veranstaltungen für sie ist. „Viele Frauen, die dabei sind, egal aus welchen kulturellen Umständen sie kommen, haben ähnliche Lebenssituationen. Und viele sagen: Wie schön, dass es Walk and Talk gibt“, so Juliane über die resonierende Gemeinschaft. Es ist nicht nur ein Spaziergang; es ist eine Gelegenheit, sich über Lebensrealitäten auszutauschen und Verbindungen zu knüpfen.
In Zukunft plant Juliane, das Angebot noch weiter auszubauen. Sie hat Ideen für Wanderungen und After Work Chill Outs, bei denen die Teilnehmerinnen entspannt in der Stadt zusammensitzen können. „Es kam schon öfter der Wunsch auf, ob wir mal eine Wanderung machen könnten“, verrät sie enthusiastisch. Diese Erweiterungen könnten dazu beitragen, die Gruppe noch lebendiger zu gestalten und mehr Frauen die Chance zu geben, sich miteinander zu vernetzen.
SWR
Ein Raum der Verbundenheit und Unterstützung
Juliane hat eine wichtige Plattform geschaffen, die Frauen zusammenbringt und eine unterstützende Gemeinschaft fördert. Was einst ein kleiner Gedanke war, ist nun eine blühende Initiative geworden, die nicht nur Frauen zusammenführt, sondern auch mehr Bewusstsein für die Herausforderungen der sozialen Isolation schafft. In Zeiten, in denen viele Menschen oft das Gefühl haben, alleine zu sein, bietet „Women Walk and Talk“ eine ermutigende Lösung, um Freundschaften zu schließen und echte Verbindungen zu knüpfen. Es bleibt zu hoffen, dass solche Initiativen weiterhin Bestand haben und sich in anderen Städten ausbreiten.
Soziale Isolation und ihre Auswirkungen
Soziale Isolation ist ein weit verbreitetes Problem, das in verschiedenen Lebensphasen auftreten kann. Vor allem in urbanen Gebieten, wo sich viele Menschen zwar in unmittelbare Nähe befinden, dennoch oft einsam fühlen, ist das Phänomen ausgeprägt. Studien zeigen, dass rund 30% der Menschen in städtischen Gegenden sich isoliert fühlen. Dies kann zu gesundheitlichen Problemen führen, darunter psychische Erkrankungen wie Depression und Angststörungen. Eine Studie vom Weltgesundheitsorganisation bestätigt, dass soziale Beziehungen zur Verbesserung der psychischen Gesundheit und des allgemeinen Wohlbefindens beitragen.
Die Bedeutung von Gemeinschaft wird also immer klarer. Menschen, die in sozialen Netzwerken engagiert sind und regelmäßig Kontakte pflegen, zeigen eine höhere Lebenszufriedenheit und ein geringeres Risiko für gesundheitliche Probleme. Das Konzept von „Women Walk and Talk“ adressiert genau diese Bedürfnisse. Durch gemeinsame Aktivitäten im Freien können Teilnehmerinnen nicht nur neue Freundschaften schließen, sondern auch den positiven Effekt von Bewegung auf die mentale Gesundheit nutzen.
Die Rolle von Safe Spaces in der Gesellschaft
„Safe Spaces“ sind geschützte Räume, in denen Individuen sich ohne Angst vor Diskriminierung oder Vorurteilen ausdrücken können. Im Kontext von „Women Walk and Talk“ bedeutet dies, dass FLINTA* Personen ein unterstützendes Umfeld finden, das ihre Erfahrungen und Identitäten respektiert. Diese Phänomene sind zeitgemäß und von großer Relevanz in einer Gesellschaft, die ständig im Wandel ist.
Einer Untersuchung des Bundeszentrale für politische Bildung zufolge, tragen Safe Spaces dazu bei, das Selbstbewusstsein und das Zugehörigkeitsgefühl von marginalisierten Gruppen zu stärken. Juliane hebt hervor, dass die reine Frauengruppe vielen Teilnehmerinnen Sicherheit gibt. Dies kann besonders für Frauen wichtig sein, die in ihrer früheren sozialen Umgebung negative Erfahrungen gemacht haben.
Erfolgreiche Modelle ähnlicher Initiativen
Das Konzept von „Women Walk and Talk“ ist nicht einzigartig. Ähnliche Initiativen gibt es weltweit. Zum Beispiel hat die Organisation „Girl Trek“ in den USA tausende Frauen dazu ermutigt, durch gemeinsames Laufen körperliche Fitness und Gemeinschaftsgefühl zu fördern. Diese Gruppen bieten wertvolle Möglichkeiten, sich in einer positiven Umgebung auszutauschen und aktiv zu sein. Laut einer Studie, die in der Zeitschrift „American Journal of Public Health“ veröffentlicht wurde, können solche Gruppen auch eine bedeutende Rolle in der Förderung der psychischen Gesundheit spielen.
Ein weiterer bekannter Ansatz ist „Meetup“, eine Plattform, die Menschen mit ähnlichen Interessen zusammenbringt. Diese Gemeinschaften sind oft Anlass für neue Freundschaften und Netzwerke, die über die Aktivitäten hinaus Bestand haben. Das in Stuttgart gegründete „Women Walk and Talk“ könnte in ähnlicher Weise eine wertvolle Ressource für Frauen in der Region werden und langfristige Verbindungen innerhalb der Gemeinschaft schaffen.
– NAG