Die Ausstellung von Sigrun C. Schleheck im Roten Haus in Meersburg lädt zu einer visuellen Entdeckungsreise ein, die die Grenzen zwischen Realität und Fantasie verschwimmen lässt. Die 76-jährige Künstlerin, die seit vielen Jahren zu den markantesten Figuren der Bodenseeregion zählt, nutzt in ihren Werken eine Vielzahl von Anspielungen aus der Kunstgeschichte. Durch die Kombination bekannter Motive aus verschiedenen Epochen mit einem spielerischen, grotesken Ansatz gelingt es ihr, die Betrachter auf ungewohnte Pfade zu führen.
In den gestaltenden Arbeiten Schlehecks findet man unter anderem die Mona Lisa, die in einem Bett neben einem Hund und einem Ei liegt. In einem anderen Bild sitzt das berühmte Mädchen mit dem Perlenohrring auf einem Huhn. Solche unerwarteten Konstellationen sind charakteristisch für die Stilrichtung der Künstlerin, die ihre Werke mit einer soziokulturellen Kritikalität verbindet und dabei stets ein Augenzwinkern voraussetzt.
Von den Anfängen bis zur Gegenwart
Die derzeit laufende Ausstellung, die etwa 100 Arbeiten umfasst, erstreckt sich über drei Stockwerke und beginnt mit Bildern aus dem Jahr 2008. Das Spektrum reicht bis zu den jüngsten Arbeiten von 2022/23. Diese Vielfalt erlaubt den Besuchern nicht nur einen Einblick in Schlehecks künstlerische Entwicklung, sondern auch in die tiefere Auseinandersetzung mit Themen wie der menschlichen Existenz, Identität und dem Verhältnis zur Natur.
Die Künstlerin erhielt im vergangenen Jahr den Kulturpreis des Bodenseekreises, wodurch die Ausstellung zusätzlichen Anlass zur Feier bietet. Wie die Kuratorin Heike Frommer in ihrem Vorwort betont, ist es wichtig, Schlehecks Werke nicht allzu ernst zu nehmen, sondern sie mit einer spielerischen Leichtigkeit zu betrachten. Diese Philosophie zieht sich durch ihr Schaffen, was die Bilder lebendig und ansprechend macht.
Besonders eindrucksvoll sind Schlehecks Frauenporträts, die berühmte Künstler wie Tizian oder Rubens zitieren. Die technische Brillanz, mit der sie die Schönheit in verschiedenen Facetten einfängt – sei es durch schelmische, traurige oder stolze Ausdrücke – sorgt dafür, dass die Figuren einerseits vertraut wirken, andererseits jedoch in ihrer Surrealität verblüffen.
Ein Kosmos der Phantasie und Verwirrung
Ein weiteres zentrales Element in Schlehecks Schaffen ist die Serie „Kleine Größen: Flora“. Hier kombiniert sie Figuren mit Alltagsgegenständen auf bizarre Art und Weise. Diese Kombinationen führen zu Fragen über Identität und Existenz, wie das Zusammenspiel von einer schönen Frau mit einem Fußball oder das Bild einer Prinzessin mit Gurken. Diese Verbindung von Ungewöhnlichem und Alltag lässt die Kunstwerke ins Gespräch kommen und lädt zur Reflexion ein.
Besonders bemerkenswert ist die Reihe „Jeder Tag ist anders, Rudi“, die auch den Ausstellungstitel trägt. Hier zeigt Schleheck, wie alltägliche Szenarien mit unerwarteten Attributen wie Hörnern oder Flügeln kombiniert werden. Diese Bilder laden die Besucher ein, über die zugrunde liegenden Themen der Identitätswahrnehmung und der Selbstdefinition nachzudenken. Wer dieser Rudi ist, bleibt Interpretationssache.
Besucher der Ausstellung könnten mit mehr Fragen als Antworten nach Hause gehen, doch das ist Teil des Konzepts. Die Werke sind so gestaltet, dass sie den Betrachter von der gewohnten, oft monotonen Realität in eine surreale Welt voller Ausdruckskraft und Träumereien führen. In einer Zeit, in der solche Fluchten willkommen sind, stellt Schleheck eine wertvolle Erkundung dar.
Die Ausstellung ist bis zum 3. November geöffnet und bietet zudem am 26. September eine öffentliche Kuratorenführung an. Informationen zu Preisen und weiteren Programmpunkten sind auf der Webseite der Galerie Bodenseekreis zu finden.
– NAG