In der Schweiz ist der Trend zu einem stabilen Bankenkundendasein zu beobachten. Gemäß einer aktuellen Studie des Unternehmens Kearney zeigen Schweizer Bürger eine beeindruckende Loyalität zu ihren Banken. 78 Prozent der Kunden behalten ihr Hauptkonto über einen Zeitraum von fünf Jahren oder länger bei der gleichen Bank. Dies steht im Kontrast zu anderen europäischen Ländern, wie Deutschland und Österreich, wo eine höhere Wechselbereitschaft herrscht.
Die Gründe für diese Loyalität sind vielfältig. 55 Prozent der Befragten geben an, mit der aktuellen Bank zufrieden zu sein, während 13 Prozent immer noch Vertrauen in die traditionellen Bankinstitute setzen. Ein weiterer Aspekt ist, dass der persönliche Kontakt zu Bankmitarbeitern oder der Besuch einer Filiale eher eine untergeordnete Rolle spielen. Dies bietet insbesondere Neo-Banken und FinTech-Unternehmen die Möglichkeit, potenzielle Kunden zu gewinnen.
Der Unterschied zu anderen europäischen Ländern
Obwohl die Loyalität zu Banken in der Schweiz eindeutig stark ist, warnen Experten wie Daniela Chikova von Kearney davor, diese Treue als selbstverständlich anzusehen. In der gesamten europäischen Landschaft zeigt der jährlich veröffentlichte „Retail Banking Radar 2024“, dass 73 Prozent der Bankkunden in Europa ihr Hauptkonto ebenfalls über einen längeren Zeitraum betreuen. Die Schweiz sticht hier durch einen höheren Wert hervor, denn 57 Prozent der Kunden haben alle ihre Finanzprodukte bei einer Bank.
In den letzten fünf Jahren haben europäische Verbraucher häufig ihre Bank gewechselt. Die Hauptgründe dafür sind Mundpropaganda und finanzielle Anreize, gefolgt von unzufriedenstellenden Kundenerfahrungen. Ein Drittel der Konsumenten nannte schlechte Erfahrungen als Grund für einen Wechsel. Wenn ein Kunde seine Hauptbank wechselt, zieht er oft auch andere Produkte wie Immobilienkredite oder Wertpapiere mit um. Bei denjenigen, die kürzlich ihre Bank gewechselt haben, nahmen 76 Prozent mindestens ein weiteres Produkt mit, was zeigt, dass die traditionelle Bank auf ihre Einnahmen aus hochwertigen Produkten achten muss.
Im Bezug auf die Akzeptanz von digitalen Banken wird deutlich, dass in der Schweiz im Vergleich zu Deutschland und Österreich nur 5 Prozent der Kunden ihr Hauptkonto bei einer Neo-Bank oder einem FinTech führen lassen. Bei den unter 35-Jährigen liegt dieser Anteil jedoch bei 32 Prozent und unter 45-Jährigen sogar bei 64 Prozent. Dies deutet darauf hin, dass jüngere Kunden an der neuen digitalen Welt und ihren Angeboten interessiert sind.
Wie traditionelle Banken reagieren können
Um ihrer Rolle in der Finanzlandschaft gerecht zu werden, könnten traditionelle Banken mehrere Schritte unternehmen, wie Daniela Chikova von Kearney erklärt. Investitionen in digitale Technologien, die Fokussierung auf das Kundenerlebnis sowie die Schaffung eigener digitaler Marken sind entscheidend. Einige Banken beginnen bereits, Altsysteme abzubauen und neue Technologien wie Open Banking einzuführen. Dieser Wandel könnte es ihnen ermöglichen, technikaffinen Kunden mehr Alternativen anzubieten.
Ein wichtiges Element ist, dass auch in der Schweiz Neo-Banken und FinTechs an Bedeutung gewinnen. Die Auswahl an digitalen Angeboten ist beeindruckend, und selbst wenn nur 5 Prozent der Schweizer auf diese neuen Formen des Bankings setzen, ist zu erwarten, dass die Wechselbereitschaft steigt. Menschen suchen zunehmend nach den für sie besten und passendsten Dienstleistungen zum fairen Preis, unabhängig davon, ob diese von einer traditionellen Bank oder einer Neo-Bank angeboten werden.
Insgesamt zeigt sich, dass die Herausforderungen für die Bankenlandschaft in der Schweiz nicht ignoriert werden können. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen Banken auf die sich verändernden Bedürfnisse ihrer Kunden eingehen und sich anpassen. Klar ist, dass der Prozess der Anpassung an neue Marktbedingungen erst am Anfang steht und sowohl traditionelle Institute als auch digitale Anbieter gefordert sind, ihren Kunden das Beste zu bieten.