Titel: Stichwahl in Sonneberg: Gemeinsame Strategie gegen AfD-Kandidaten sorgt für Diskussionen
Datum: 25.06.2023, 11:27 Uhr
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Für viele Parteien ist die Vorstellung eines AfD-Landrats eine Schreckensvorstellung. Einige Gemeinden setzen daher auf gemeinsame Kandidaten, um die Wahl eines AfD-Politikers zu verhindern. Experten warnen jedoch vor möglichen negativen Auswirkungen dieser Strategie.
In Sonneberg, Thüringen, steht heute die Stichwahl für das kommunale Spitzenamt des Landrates an. Hier kämpfen CDU-Kandidat Jürgen Köpper und der AfD-Bewerber Robert Sesselmann um die Position. Bereits im ersten Wahlgang hatte Sesselmann 46,7 Prozent der Stimmen erreicht, während Köpper 35,7 Prozent erhielt. In einem außergewöhnlichen Schritt rufen SPD, Linke, Grüne und FDP dazu auf, Köpper zu unterstützen, um Sesselmann zu verhindern. Dies wäre das erste Mal, dass ein AfD-Politiker ein solches Amt bekleidet, was in Anbetracht der Einschätzung des Verfassungsschutzes als rechtsextrem für Aufregung sorgt.
Die Betroffenen in Sonneberg sind besorgt. So macht sich Sina Martin, Inhaberin eines Teddybären-Geschäfts, Sorgen über eine mögliche Spaltung der Gesellschaft. Sie hofft, dass die Menschen sich auf ihre gemeinsamen Werte besinnen und zusammenhalten. Ihre Nachbarin Margret Sturm, Besitzerin eines Brillengeschäfts, äußert ihre Bedenken hinsichtlich des Images der Region. Sie hält die AfD für gefährlich und fordert, dass „Blau“, eine Anspielung auf die AfD, verhindert werden muss.
Ein ähnliches Bündnis gegen die AfD-Kandidaten formiert sich auch im brandenburgischen Landkreis Dahme-Spree. Verschiedene Parteien, darunter CDU, FDP, Linkspartei, Freie Wähler und die Kreistagsfraktion der Unabhängigen Bürgerlisten, haben sich bereits auf den parteilosen Sven Herzberger als gemeinsamen Kandidaten geeinigt. Sie wollen damit sicherstellen, dass es in der Wahl neben dem AfD-Kandidaten und der Kandidatin der SPD eine demokratische Wahlalternative gibt.
Allerdings warnen Experten vor den möglichen Konsequenzen dieser Strategie. Die Politikwissenschaftlerin Julia Reichenbach weist darauf hin, dass die Akzeptanz für solche Parteienbündnisse in der Bevölkerung sinken könnte, wenn sie bei jeder Kommunalwahl angewendet werden. Eine Umfrage des ARD-DeutschlandTrends zeigt, dass zwar 52 Prozent der Deutschen es richtig finden, wenn sich Parteien gegen AfD-Kandidaten zusammentun, aber in einigen Altersgruppen haben die Gegner einer solchen Strategie die Mehrheit.
Auch Politikberater Johannes Hillje äußert Bedenken. Er warnt vor einem möglichen Abnutzungseffekt dieser Strategie und betont, dass die Mobilisierung der Wähler immer schwieriger werden könnte. Untersuchungen zeigten, dass die Wahlbeteiligung bei Stichwahlen oft noch niedriger ist als beim ersten Wahlgang.
Die Wahllokale in Sonneberg sind bis 18 Uhr geöffnet, und es wird erwartet, dass das Ergebnis noch heute Abend bekannt gegeben wird. Die Entscheidung in Sonneberg könnte nicht nur für die große Spielzeugtradition der Stadt, sondern auch für die deutsche Geschichte bedeutsam sein.
Quellen:
– ARD-DeutschlandTrends, 25.06.2023
– Bericht aus Berlin, Erstausstrahlung um 18:00 Uhr im Ersten.