Das traditionelle Stundenmodell in Schulen von acht bis zwölf Uhr gefolgt von Hausaufgaben am Nachmittag ist noch immer weit verbreitet. Helmut Klemm, Schulleiter an der Eichendorffschule in Erlangen, Bayern, beschreibt die negativen Auswirkungen dieser Struktur. Laut einer Umfrage der Robert Bosch Stiftung erleben fast die Hälfte der Lehrkräfte an Schulen Gewaltsituationen, die von Mobbing bis zu körperlichen Auseinandersetzungen reichen. Um diesen Konflikten entgegenzuwirken, unterstützt Klemm seine 400 Mittelschüler und -schülerinnen mit zwei Jugendsozialarbeitern und einer Sozialpädagogin.
Klemm betont die Vorteile von Ganztagsschulen im Umgang mit Konflikten und betont, dass er sich nicht mehr vorstellen kann, an einer Halbtagsschule zu arbeiten. Er kritisiert die klassische Konditionierung an Halbtagsschulen, bei der Erziehung oft auf Reaktionen der Schüler auf Reize der Lehrkräfte reduziert wird. Diese Struktur führt laut Klemm dazu, dass die Perspektive auf die Schüler anders ist und sie weniger als Menschen, sondern eher als Objekte gesehen werden.
Die Schule in Klemms Bericht wird als eine, die kaum Zeit für Austausch und Mitbestimmung der Schüler bietet, beschrieben. Es fehlt an Identifikation mit der Klasse und der Spaß miteinander bleibt auf der Strecke. Der Schulleiter stellt fest, dass für ihn diese Form der Schule keinen Platz in der Zukunft hat und er die Vision einer Ganztagsschule als Ort des gemeinsamen Lernens und Lebens bevorzugt. Er spricht sich für Ganztagsbildung aus, die über Betreuungsangebote hinausgeht und Schülern die Möglichkeit bietet, den Nachmittag ohne Hausaufgaben stressfrei zu gestalten. Schule sollte nicht ausschließlich von Lehrkräften gestaltet werden, sondern eine breite Kooperation mit externen Partnern ermöglichen, um Schülern eine ganzheitliche Bildung zu bieten.