Bodenseekreis

Ethische Entscheidungen im Krankenhaus: Leben oder Sterben?

Im Helios-Spital in Überlingen wird in den dunkelsten Stunden des Lebens eine entscheidende Frage erörtert: Was geschieht, wenn die Lebensqualität eines Menschen unwiderruflich leidet? In solchen kritischen Momenten tritt der Ethik-Arbeitskreis in Aktion, der seit seiner Gründung im Jahr 2008 eine unverzichtbare Rolle spielt. Wie der Südkurier berichtet, kommen die Mitglieder des Arbeitskreises zusammen, wenn Patienten nicht mehr selbst entscheiden können, wie es mit ihrer Behandlung weitergeht. Hierbei stehen die Autonomie der Patienten und die ethischen Fragestellungen im Mittelpunkt.

Die Vorsitzende des Arbeitskreises, Elsie Fickenscher, betont, dass die Entscheidungen in diesen schwierigen Situationen oft nicht leicht fallen. „Im Krankenhaus erleben wir den Menschen nur, wenn es ihm schlecht geht“, erklärt sie und hebt hervor, dass ein ganzheitlicher Blick auf den Patienten notwendig ist. Angehörige, Ärzte und Pflegepersonal arbeiten zusammen, um die bestmögliche Entscheidung zu treffen, wobei vier zentrale Aspekte berücksichtigt werden: nicht schaden, Wohltun, Autonomie und Gerechtigkeit.

Die Herausforderungen der Ethik

Die Herausforderungen, die sich aus ethischen Fragestellungen ergeben, sind vielfältig. Patienten fragen sich oft: „Wer entscheidet für mich, wenn ich es selbst nicht mehr kann?“ Angehörige stehen vor der quälenden Entscheidung, ob ihre Lieben an Maschinen angeschlossen werden sollen, während Pflegekräfte und Ärzte mit inneren Konflikten kämpfen, wenn es darum geht, das Leiden eines Patienten zu verlängern oder nicht. Diese emotionalen und moralischen Dilemmata sind Teil des Alltags im Krankenhaus, wie auch das Klinikum Konstanz beschreibt.

Ein besonders eindrucksvolles Beispiel aus der Praxis des Ethik-Arbeitskreises betrifft eine Schlaganfallpatientin, die kaum mehr sprechen konnte. Das Gremium entschied zunächst für eine künstliche Ernährung, doch das Gefühl, der Patientin nicht gerecht zu werden, führte zu einer Neubewertung. Letztendlich wurde entschieden, sie mit einem Löffel zu füttern, was ihren Wünschen entsprach und ihr ein gewisses Maß an Autonomie zurückgab.

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Ein Lichtblick in der Dunkelheit

Die Arbeit des Ethik-Arbeitskreises ist nicht nur auf die Patienten beschränkt. Auch das Krankenhauspersonal benötigt Unterstützung, um mit den emotionalen Belastungen umzugehen, die die Schicksale der Patienten mit sich bringen. Fickenscher besucht regelmäßig die Intensivstation, um den Mitarbeitern beizustehen. „Es hat eigentlich immer jemand etwas zu erzählen“, sagt sie und zeigt damit, wie wichtig der Austausch in solch belastenden Situationen ist.

Die Klinikseelsorger spielen eine zentrale Rolle, indem sie den Patienten und deren Angehörigen in diesen schwierigen Zeiten beistehen. Sie bieten nicht nur seelischen Beistand, sondern helfen auch, die ethischen Fragen zu klären. „Wir suchen nach dem, was die Menschen am Leben hält“, erklärt Ortwin Engel-Klemm, ein Mitglied des Ethik-Arbeitskreises. Dabei geht es oft um die Familie, den Glauben oder persönliche Ziele, die den Patienten Halt geben.

In den monatlichen Treffen des Arbeitskreises werden nicht nur akute Fälle besprochen, sondern auch Fortbildungen zur Palliativberatung angeboten. Diese umfassende Herangehensweise zeigt, wie wichtig es ist, in der Medizin nicht nur die körperlichen, sondern auch die seelischen und ethischen Aspekte zu berücksichtigen. Die Entscheidungen, die hier getroffen werden, können über Leben und Tod entscheiden und sind daher von größter Bedeutung.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Ethik-Arbeitskreis im Helios-Spital in Überlingen eine unverzichtbare Institution ist, die in den schwierigsten Momenten des Lebens Orientierung bietet. Die Mitglieder arbeiten unermüdlich daran, die Autonomie der Patienten zu wahren und ethische Dilemmata zu lösen, während sie gleichzeitig das Krankenhauspersonal unterstützen. In einer Welt, in der die Grenzen zwischen Leben und Tod oft verschwommen sind, sind sie die Diplomaten, die den Weg durch die Dunkelheit weisen.

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Sophie Müller

Sophie Müller ist eine gebürtige Stuttgarterin und erfahrene Journalistin mit Schwerpunkt Wirtschaft. Sie absolvierte ihr Studium der Journalistik und Betriebswirtschaft an der Universität Stuttgart und hat seitdem für mehrere renommierte Medienhäuser gearbeitet. Sophie ist Mitglied in der Deutschen Fachjournalisten-Assoziation und wurde für ihre eingehende Recherche und klare Sprache mehrmals ausgezeichnet. Ihre Artikel decken ein breites Spektrum an Themen ab, von der lokalen Wirtschaftsentwicklung bis hin zu globalen Finanztrends. Wenn sie nicht gerade schreibt oder recherchiert, genießt Sophie die vielfältigen kulturellen Angebote Stuttgarts und ist eine begeisterte Wanderin im Schwäbischen Wald.

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