Tübingen

Eiszeit-Europäer: Klimawandel als Schicksalsfaktor für unsere Vorfahren

Eine neue Studie zeigt, dass die population der prähistorischen Jäger und Sammler in Europa während der kältesten Klimaperiode vor bis zu 28.000 Jahren dramatisch abnahm, was auf eine drastische Isolation und den Verlust genetischer Vielfalt hindeutet, und betont die Bedeutung, aus den historischen Klimaveränderungen zu lernen, um zukünftige Umweltprobleme zu bewältigen.

Die Auswirkungen des Klimawandels auf alte menschliche Gemeinschaften bieten wertvolle Einblicke in die Anpassungsfähigkeit und Resilienz von Menschen über Jahrtausende hinweg. Eine aktuelle Studie über die Lebensumstände der eiszeitlichen Bevölkerung Europas zeigt, wie dramatisch sich klimatische Veränderungen auf die Größe und Vernetzung von Gemeinschaften ausgewirkt haben.

Einblicke in die Vergangenheit

Forscher vom Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment der Universität Tübingen haben durch die Analyse menschlicher Zähne aus dem eiszeitlichen Europa bedeutende Erkenntnisse gewonnen. Diese Untersuchung, die im Fachjournal «Science Advances» veröffentlicht wurde, legt offen, dass die Zahl der Jäger und Sammler während der kältesten Periode erheblich zurückging, was in einigen Teilen Europas sogar zu einem drohenden Aussterben führte.

Methodik und neue Erkenntnisse

Die Wissenschaftler setzten eine neuartige Methode ein, die auf maschinellem Lernen basiert, um präzise Daten zu sammeln. Hannes Rathmann, der Studienleiter, betont, dass Zähne nicht nur das stärkste Gewebe im menschlichen Körper sind, sondern auch die am häufigsten gefundenen fossilen Überreste. Mit Zahndaten von 450 Individuen, die über einen Zeitraum von 47.000 bis 7.000 Jahren gesammelt wurden, ließen sich genetische Beziehungen nachvollziehen, ohne auf gut erhaltene alte DNA zurückgreifen zu müssen.

Veränderungen in der Vernetzung von Gemeinschaften

Die Studie dokumentiert die demografischen Veränderungen in West- und Osteuropa, die vor etwa 47.000 bis 28.000 Jahren zu beobachten waren. Zu dieser Zeit lebten Jäger und Sammler in einem offenen Steppenklima, was zu einer guten genetischen Vernetzung zwischen den Gruppen führte. Doch mit Eintritt der kältesten Phase vor rund 28.000 bis 14.700 Jahren brach dieses Netzwerk zusammen. Die Populationszahlen schmolzen, was einen alarmierenden Verlust an genetischer Vielfalt zur Folge hatte.

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Lektionen für die Gegenwart

In Anbetracht der aktuellen Herausforderungen durch den Klimawandel und seiner Auswirkungen auf moderne Gesellschaften ist es wichtig, aus der Geschichte zu lernen. Rathmann warnt davor, die Lektionen aus der Vergangenheit zu ignorieren: «Wir sollten dringend aus unserer Vergangenheit lernen, wenn wir den komplexen Umweltproblemen der Zukunft begegnen möchten.»

Ausblick auf zukünftige Forschungen

Da die Temperaturen schließlich wieder anstiegen und die Gemeinschaften in West- und Osteuropa sich erholten, begannen Migration (Invasion) und die Rückkehr verwandelter Lebensräume. Die Forschung eröffnet neue Perspektiven auf die Anpassungsstrategien der Menschen und deren Fähigkeit, sich unter drastischen Bedingungen neu zu formieren. Zukünftige Studien werden möglicherweise weitere Erkenntnisse darüber liefern, wie diese prähistorischen Gemeinschaften komplexe klimatische Veränderungen überstanden haben und welche Lehren daraus für unsere heutige Zeit abgeleitet werden können.

NAG

Sophie Müller

Sophie Müller ist eine gebürtige Stuttgarterin und erfahrene Journalistin mit Schwerpunkt Wirtschaft. Sie absolvierte ihr Studium der Journalistik und Betriebswirtschaft an der Universität Stuttgart und hat seitdem für mehrere renommierte Medienhäuser gearbeitet. Sophie ist Mitglied in der Deutschen Fachjournalisten-Assoziation und wurde für ihre eingehende Recherche und klare Sprache mehrmals ausgezeichnet. Ihre Artikel decken ein breites Spektrum an Themen ab, von der lokalen Wirtschaftsentwicklung bis hin zu globalen Finanztrends. Wenn sie nicht gerade schreibt oder recherchiert, genießt Sophie die vielfältigen kulturellen Angebote Stuttgarts und ist eine begeisterte Wanderin im Schwäbischen Wald.

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