Titel: Kritik an deutschen Nachrichtendiensten: Mangelnde Leistungsfähigkeit in Krisensituationen
Berlin (dpa) – Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, äußerte in einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur Bedenken über die aktuelle Leistungsfähigkeit der deutschen Nachrichtendienste in Krisenlagen. Ihrer Meinung nach werden mehr Mitarbeiter benötigt, die in der Lage sind, näher am Geschehen aktiv zu werden. Strack-Zimmermann stellte jedoch die Frage, ob andere Länder möglicherweise genauer und entschlossener vorgehen als Deutschland und dadurch bessere Ergebnisse erzielen.
Anlass für die Kritik am deutschen Auslandsnachrichtendienst (BND) war der bewaffnete Aufstand des russischen Söldnerchefs Jewgeni Prigoschin gegen die Militärführung in Moskau. Bundeskanzler Olaf Scholz ließ durchblicken, dass der BND von diesem Aufstand überrascht wurde.
Marie-Agnes Strack-Zimmermann machte auch auf die Defizite der deutschen Nachrichtendienste in den letzten Jahren aufmerksam. Sie verwies auf die Machtübernahme der Taliban in Afghanistan im Jahr 2021, bei der Deutschland keinerlei Informationen erhalten habe. Ebenso sei man nicht ausreichend über den russischen Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 informiert worden, obwohl man vorher wusste, dass die russische Armee logistische Unterstützung bereitstellte.
Auch bei der Bewertung der Lage in Mali, wo die Bundeswehr im Blauhelm-Einsatz ist, habe man auf genauere Informationen gewartet. Insbesondere im Hinblick auf die Wagner-Söldnertruppe, die in Mali eine bedeutende Rolle spiele, habe man einen genauen Blick gebraucht.
Strack-Zimmermann sieht den Wagner-Aufstand in Russland als Teil einer Abfolge von Ereignissen, bei denen der deutsche Geheimdienst nicht ausreichend aufgeklärt oder richtig eingeordnet habe. Sie glaubt, dass es auch ein mentales Strukturproblem im Geheimdienst-Apparat gibt. Nach dem Ende des Kalten Krieges habe Deutschland bestimmte Gefahren einfach ausgeblendet.
Die Kritik an den deutschen Nachrichtendiensten wird auch von früheren BND-Präsidenten unterstützt. Gerhard Schindler warf der Politik vor, die Fähigkeiten des BND in den letzten Jahren zu stark eingeschränkt zu haben, was sich negativ auf die Informationsbeschaffung auswirke. Er sieht den BND inzwischen eher als Verwaltungsbehörde denn als operierenden Nachrichtendienst.
Es bleibt abzuwarten, ob die Kritik von Strack-Zimmermann und Schindler ein Umdenken in der deutschen Politik hervorrufen und zu Änderungen in der Arbeit der Nachrichtendienste führen wird.