Am vergangenen Wochenende erlebte Tuttlingen einen bedeutenden Abschied – die traditionsreiche Buchhandlung von Rosemarie Rieger hat für immer geschlossen. Der Abschied fiel zusammen mit dem Stadtfest, was den emotionalen Abschluss noch verstärkte. Für die langjährige Inhaberin war das Geschäft nicht nur eine Arbeitsstelle, sondern ein Lebenswerk, das sie über Jahrzehnte prägte.
Die 75-Jährige, die über die Jahre viel Herzblut in ihren Laden gesteckt hat, gestand ein, dass es ihr „ein bisschen wehmütig“ zumute sei. Ihr Geschäft, das sie größtenteils alleine betrieb, war für sie eine tägliche Anlaufstelle, und das über lange Stunden hinweg. Auch wenn sie manchmal Angestellte hatte, so war sie doch die treibende Kraft hinter der Buchhandlung. Jetzt, wo sie in diesem Alter angekommen ist, fühlte sie, dass es an der Zeit sei, den Laden dicht zu machen.
Die Geschichte der Buchhandlung Rieger
Gegründet wurde die Buchhandlung Rieger im Jahr 1950 von Emil Rieger, dem Vater von Rosemarie. Bis 1983 befand sich der Laden am Busbahnhof, wurde jedoch aufgrund einer Neugestaltung des Bereichs verlegt. Die neue Adresse in der Rathausstraße, direkt gegenüber dem Rathaus, blieb bis zur Schließung bestehen. Das Gebäude gehört der Stadt Tuttlingen und war über die Jahre ein beliebter Treffpunkt für Leseratten und Buchliebhaber.
Bekannt war die Buchhandlung nicht nur für ein umfangreiches Sortiment an Zeitschriften und Büchern, sondern vor allem für Rosemaries persönliche Note. Sie war stets bemüht, ihren Kunden Wünsche zu erfüllen und auch fehlende Titel schnell zu beschaffen. Doch die Veränderungen in den Lesegewohnheiten der Menschen machten auch vor ihr nicht halt. Der Rückgang des Buchverkaufs in den letzten Jahren sorgte dafür, dass sie neue Wege suchen musste, um das Geschäft am Laufen zu halten.
Eine dieser Strategien war der Verkauf von Lotto-Wettscheinen, der sich als lukrativ erwies. Hier profitierte Rosemarie Rieger von der zentralen Lage ihrer Buchhandlung, die es ihr ermöglichte, eine Vielzahl von Kunden anzuziehen. Dennoch war der Rückgang im Buchgeschäft spürbar, was sie letztlich zur Entscheidung brachte, ihre Pforten zu schließen.
Die Nachricht von der Schließung stieß bei den Kunden auf großes Bedauern. Viele von ihnen drückten ihre Enttäuschung über das Ende der Buchhandlung aus. Zu diesen treuen Kunden gehörte auch Emil Buschle, der ehemalige Erste Bürgermeister der Stadt, der Rosemarie zum Abschied einen Blumenstrauß überreichte und ihr für ihre jahrelange Hingabe dankte. „So geht wieder ein Stück Stadtgeschichte zu Ende“, sagte Buschle und fühlte mit den zahlreichen Kunden mit, die die Buchhandlung in guter Erinnerung behalten werden.
Für Rosemarie Rieger bedeutet das Ende ihrer Buchhandlung den Eintritt in den Ruhestand. Größere Pläne hat sie nicht, so die 75-Jährige. Sie möchte „einfach mal gar nichts machen“ und die freie Zeit genießen. Über eine so lange Lebensphase in einem Geschäft ergeben sich viele Erinnerungen und Geschichten, die sie in den kommenden Monaten sicher noch reflektieren wird.