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Nach dem Zweiten Weltkrieg erhielt die Stadt Königsberg eine neue sowjetische Verwaltungs- und Verkehrsinfrastruktur und wurde in Kaliningrad umbenannt. Während dieser Zeit wurden Sowjetbürger in die Region angesiedelt, während die verbliebene deutsche Bevölkerung ausgesiedelt wurde. Wie [stuttgart.de](https://www.stuttgart.de/veranstaltungskalender/veranstaltungen/die-stadt-im-westen.wie-koenigsberg-kaliningrad-wurde-492853.php) berichtete, waren Moskaus Kenntnisse über die neue Region lückenhaft und viele Bewohner zweifelten an einer sowjetischen Zukunft Kaliningrads. Der Vortrag zu diesem Thema beleuchtet die Identitätspolitik der Gebietsführung in den Nachkriegsjahrzehnten sowie verschiedene Aspekte der weiteren Entwicklung der Stadt.
Die Geschichte Königsbergs in dieser Zeit ist geprägt von massiven gesellschaftlichen Umwälzungen. Im Herbst 1945 übernahm die Rote Armee die Kontrolle über die Stadt, in der von ehemals über 300.000 Deutschen nur noch etwa 45.000 lebten. Diese Deutsche durften die Stadt nicht verlassen und fanden sich oft in Kellern oder auf der Straße wieder, während sie gegen Typhus und Hunger kämpften. Wie [mdr.de](https://www.mdr.de/geschichte/ns-zeit/zweiter-weltkrieg/nachkriegszeit/koenigsberg-kaliningrad-nachkriegszeit-ostpreussen-umbenennung-russland-100.html) berichtete, lebte ein Mädchen namens Ursula Gerlach mit seinen Geschwistern in den Ruinen der Stadt, auf der Suche nach essbarem. Im ersten Nachkriegswinter verschlechterte sich die Lage der Deutschen, während sowjetische Neusiedler in die Stadt kamen und viele Deutsche hungerten.
Die Umbenennung und der Alltag der Menschen
1946 wurde Königsberg schließlich in Kaliningrad umbenannt. Die Familie von Ursula Gerlach war eine von vielen, die unter extremen Bedingungen litten. Ihre Mutter konnte wegen einer Beinverletzung nicht arbeiten und zog in Betracht, sich hinzulegen und auf den Tod zu warten. Trotz der widrigen Umstände fanden die Gerlach-Kinder heimlich Wege, um zu überleben. Sie reisten auf dem Trittbrett eines Güterzugs nach Litauen, um dort zu betteln und zu arbeiten, und kehrten schließlich nach Königsberg/Kaliningrad zurück, um das Überleben ihrer Familie zu sichern.
Der Historiker Dr. Per Brodersen, der Geschichte, Politikwissenschaft und Russisch in Berlin, Frankfurt/Oder und Sankt Petersburg studiert hat, beleuchtet in seinen Forschungen die Nachkriegsgeschichte Königsberg-Kaliningrads. Er hat unter anderem in Sankt Petersburg und Almaty Journalismus betrieben und war Forschungsstipendiat in Kaliningrad, Moskau und Washington. 2006 promovierte er an der Heinrich-Heine-Universität im Fach Osteuropäische Geschichte. Seine Dissertation wurde 2008 unter dem Titel „Die Stadt im Westen. Wie Königsberg Kaliningrad wurde“ veröffentlicht.