Unia-Präsidentin Vania Alleva zerzaust die Lohnstudie des Arbeitgeberverbands
Die Lohnstudie des Arbeitgeberverbands, die besagt, dass die Lohndifferenz zwischen Frauen und Männern kaum erklärbar sei, steht stark in der Kritik. Unia-Präsidentin Vania Alleva äußert sich dazu in einem Interview mit Blick. Laut Alleva halten sich die Arbeitgeber nicht an die offiziellen Zahlen des Bundes, die besagen, dass das Einkommen der Frauen 19,5 Prozent niedriger ist als das der Männer. Alleva weist außerdem darauf hin, dass Frauen einen Großteil der unbezahlten Care-Arbeit leisten und daher ein Drittel weniger Rente erhalten.
Des Weiteren betont Alleva, dass die Lohnschere zwischen Frauen und Männern seit 2016 wieder größer wird. Besonders betroffen seien die tiefen und mittleren Einkommen, bei denen Frauen überproportional vertreten sind. Zudem gebe es in den Frauenberufen eine strukturelle Lohndiskriminierung: Je geringer der Männeranteil in einer Branche ist, desto niedriger ist der Stundenlohn.
Die erste Unia-Präsidentin Vania Alleva stammt aus Zürich und ist schweizerisch-italienische Doppelbürgerin. Sie hat Kunstgeschichte in Rom studiert und ist seit 1997 bei der Gewerkschaft Bau und Industrie tätig. Seit Mitte 2015 ist sie Präsidentin der Gewerkschaft Unia.
Alleva kritisiert die Lohnstudie des Arbeitgeberverbands als nicht repräsentativ und sieht dahinter eine versteckte Agenda. Ihrer Meinung nach behaupten die Arbeitgeber lediglich, die Gleichstellung sei erreicht, um von den eigentlichen Problemen abzulenken. Alleva wirft den Arbeitgebern vor, ständig Teilzeit-Bashing zu betreiben und Frauen entweder mehr Erwerbsarbeit zu empfehlen oder zurück an den Herd zu schicken. Sie betont jedoch, dass es wichtiger sei, die Kinderbetreuung zu verbessern, um den Frauen zu helfen.
Die Unia-Präsidentin sieht die Blockade der Arbeitgeber als Hindernis für Fortschritte bei der Gleichstellung, den Löhnen und den Renten. Sie fordert eine Arbeitszeitreduktion, um die Care-Arbeit gerechter zu verteilen, sowie anständige Mindestlöhne in den sogenannten Frauenbranchen. Alleva argumentiert, dass sich die Betriebe angesichts des Fachkräftemangels faire Löhne nicht mehr leisten können.
In Bezug auf die bilateralen Verträge mit der EU spricht sich Alleva für einen starken Lohnschutz und gegen Lohndumping aus. Sie kritisiert das missglückte Rahmenabkommen von Cassis, da dieses den Schweizer Lohnschutz opfern wollte. Die Gewerkschaften setzen sich bei den Gesprächen mit dem Bundesrat für ein neues Rahmenabkommen ein, das die Löhne der Arbeitnehmer sichert.
Abschließend betont Alleva die Notwendigkeit einer Nulltoleranz gegenüber sexueller Belästigung am Arbeitsplatz. Sie erwähnt eine Umfrage der Unia-Jugend, bei der ein Drittel der Befragten angab, bereits sexuell belästigt worden zu sein. Der Frauenstreik am 14. Juni soll ein klares Zeichen für Respekt, mehr Lohn und mehr Zeit setzen. Alleva ruft dazu auf, an den Demonstrationen teilzunehmen, da nur mit dem Druck der Straße Veränderungen erreicht werden können.