Ampel-Koalition in Konflikt um Elterngeld
Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP steht vor einem neuen Konflikt, diesmal um das Elterngeld. Der Finanzminister der FDP, Christian Lindner, twitterte als Reaktion auf Bedenken von Familienministerin Lisa Paus (Grüne) gegen Einsparungen beim Elterngeld: „Wenn die zuständige Kollegin selbst von der Änderung beim Elterngeld nicht überzeugt ist, dann kann und sollte sie ihren Konsolidierungsbeitrag in anderer Weise erbringen.“
Hintergrund ist das Vorhaben von Paus, die Einkommensgrenzen beim Elterngeld zu senken und somit den Kreis der Elterngeldberechtigten zu verkleinern. Aktuell liegt die Grenze bei 300.000 Euro zu versteuerndem Jahreseinkommen, Paus möchte sie auf 150.000 Euro senken. Dadurch sollen Einsparungen erzielt werden, die der Finanzminister für den Bundeshaushalt 2024 auferlegt hat.
Nach Angaben des Familienministeriums hätten künftig rund 60.000 Familien keinen Anspruch mehr auf das Elterngeld. Dies betrifft etwa fünf Prozent der insgesamt etwas über einer Million Elterngeldbezieher im Jahr 2020.
Allerdings berücksichtigt diese Zahl nur Paare, die bereits Kinder haben. Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) hat auf Basis von Daten des SOEP-Instituts berechnet, dass im Jahr 2020 etwa 435.000 Paare unter 50 Jahren mit einem zu versteuernden Einkommen von über 150.000 Euro lebten. Davon waren 310.000 Paare verheiratet und 150.000 unverheiratet. Diese Zahl sagt jedoch nichts darüber aus, ob diese Paare Kinder haben oder bekommen wollen.
Eine weitere Analyse des „Spiegels“ auf Basis der Lohn- und Einkommensteuerstatistik von 2017 ergab, dass knapp 640.000 Ehepaare ein zu versteuerndes Einkommen von mindestens 140.000 Euro hatten, wovon 490.000 Paare mehr als 160.000 Euro verdienten. Der Anteil der einzeln veranlagten Steuerzahler mit einem Einkommen von über 150.000 Euro lag bei 0,8 Prozent.
Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung erklärte, dass ungefähr vier Prozent der steuerpflichtigen Paare in der Gehaltsklasse von rund 180.000 Euro brutto liegen, die als Grenze für das Elterngeld gelten würde. Bei Betrachtung nur der jüngeren Altersgruppe, die in der Regel Kinder bekommt, wären dies maximal zwei Prozent der steuerpflichtigen Paare.
Familienministerin Paus betonte, dass alle Ressorts, einschließlich ihres eigenen, im Haushalt 2024 sparen mussten. Sie habe den Auftrag erhalten, das Elterngeld zu kürzen, um einen nachhaltig finanzierten Haushalt im Einklang mit der Schuldenbremse des Grundgesetzes zu erreichen. Sie habe sich entschieden, nicht die Leistung zu kürzen, sondern sozialpolitisch ausgewogen vorzugehen. Das wird jedoch von Kritikern als „fatales Signal an Familien“ betrachtet.
Insgesamt zeigt sich, dass sowohl hinsichtlich der Anzahl der betroffenen Familien als auch der Auswirkungen der geplanten Änderungen des Elterngelds unterschiedliche Einschätzungen vorliegen. Der Konflikt innerhalb der Ampel-Koalition ist somit noch nicht gelöst.