Nile Rodgers: Erfinder des queeren Disco-Pops spielt in Hamburg
von Mischa Kreiskott
Am heutigen Abend tritt Nile Rodgers mit seiner Band Chic im Hamburger Stadtpark auf. Er prägte die Disco-Ära und produziert noch heute für Größen wie Madonna, David Bowie, Mick Jagger, Duran Duran, Daft Punk und Pharell Williams.
Obwohl Produzenten oft im Schatten stehen, sind sie wahre Lichtgestalten der Musik. Namen wie Quincy Jones, Rick Rubin und George Martin sind Legenden, die maßgeblich die Geschichte der Musik geprägt haben. Einer dieser Produzenten ist Nile Rodgers, der nicht so präsent im allgemeinen Musikwissen ist wie die anderen Genannten.
Nile Rodgers ist ein Virtuose an der Rhythmusgitarre und gilt als DER Rhythmusgitarrist schlechthin. Seit über 50 Jahren ist er als Begleitmusiker aktiv und zeigt damit, was die elektrische Gitarre am besten kann: Sie hat die Kantigkeit und Energie eines Schlaginstruments und spielt gleichzeitig vertrackte Harmonien. Nile Rodgers fand lange Zeit keine Antwort darauf, wie er Jazz spielen, den er liebt, mit dem pulsierenden Beat der Clubs und gleichzeitig kommerziell erfolgreich sein konnte. Diese Antwort fand er schließlich in der Musik der illegalen Partys in den New Yorker Garagen- und Underground-Clubs. Bei diesen Partys verspürte er eine Musik, die alles vereinte: Komplexität, Pop-Appeal, Funk und R’n’B. Hier fand er den Sog, der viele Menschen anzog und niemanden ausschloss.
Nile Rodgers gründete die Band Chic und schrieb mit Hits wie „Le Freak“ und „Good Times“ Geschichte. Der Song „Everybody Dance“ wurde 1977 zum ersten Hit der Band und repräsentierte den Geist der 70er-Jahre. Chic und die Disco-Ära waren ein utopistischer Entwurf in einer eigentlich krisenhaften Zeit. Rodgers erinnert sich, dass die USA damals von einer gewaltigen Wirtschaftsflaute geprägt waren, ähnlich wie in den 20er-Jahren während der großen Depression. Die schillernde Discophase der späten 70er schloss direkt an diese Zeit an und bot Menschen eine Flucht aus den düsteren Aussichten.
Nile Rodgers schrieb auch die großen Hymnen der Homosexuellen, die noch heute bei queeren Partys gefeiert werden. Mit Songs wie „We are Family“ für die Band Sister Sledge und „I’m Coming out“ für Diana Ross hat er Musikgeschichte geschrieben. Bei letzterem Song war Diana Ross jedoch zunächst skeptisch und fragte, ob es sich um ein queeres Lied handele und ob Rodgers ihre Karriere ruinieren wolle. Nile Rodgers erinnert sich, dass er noch nie eine Künstlerin so angelogen habe, als er ihr versicherte, dass es kein schwules Lied sei.
Die Disco-Ära war kurz und glitzernd, doch Nile Rodgers ist auch heute noch aktiv. Er produziert für zahlreiche bekannte Künstler wie Madonna, David Bowie, Mick Jagger, Duran Duran, Daft Punk und Pharell Williams. Mit Daft Punk und Pharell Williams landete er im Jahr 2013 mit 60 Jahren einen weltweiten Hit in den Top Ten. Zu dieser Zeit kämpfte Rodgers gegen eine tödliche Krebserkrankung, doch der Song „Get Lucky“ hatte auf ihn eine heilende Wirkung.
Nile Rodgers ist eine wahre Musiklegende, die mit ihrer Musik Generationen begeistert und noch immer aktiv ist. Wer ihn live erleben möchte, hat heute Abend die Möglichkeit dazu im Hamburger Stadtpark. Ein Konzert, das man nicht verpassen sollte.
Weitere Informationen:
Datum: 31.07.2023
Zeit: 19:00 Uhr
Ort: Stadtpark Hamburg, Saarlandstraße 71, 22303 Hamburg
