Die kühlen Zahlen der deutschen Fußballligen zeigen eine deutliche Diskrepanz in der Genderrepräsentation. In den Führungsetagen der 1. und 2. Bundesliga sind Frauen weiterhin stark unterrepräsentiert. Laut einem aktuellen Bericht von „Fußball kann mehr“ (FKM) sind von insgesamt 84 Führungspositionen nur sechs von Frauen besetzt. Diese beunruhigenden Statistiken deuten darauf hin, dass sich nur vier Vereine – Schalke 04, der FC St. Pauli, der 1. FC Heidenheim und Werder Bremen – entschieden haben, weibliche Führungskräfte im Top-Management zu engagieren.
Für die Untersuchung wurden 36 Vereine befragt, wobei 32 an der Umfrage teilnahmen; nur Bayer Leverkusen, Darmstadt, Kiel und Wiesbaden ließen sich absichtlich heraus. In fast allen Fällen, konkret 28, gibt es keine Frauen in der höchsten operativen Leitung, die für den Profifußball verantwortlich ist. Zusätzlich zeigt sich, dass lediglich vier Angestellte eine andere Staatsbürgerschaft als die deutsche haben.
Katja Kraus ruft zu Veränderungen auf
Die frühere Nationalspielerin Katja Kraus äußerte scharfe Kritik an der mangelnden Diversität in den Chefetagen des Fußballs. Ihrer Ansicht nach spiegelt der Fußball nicht die gesellschaftliche Vielfalt wider, was ein ernstes Problem darstellt. „Fußball bewegt die Menschen, doch er bleibt hinter seinen Möglichkeiten zurück, solange er die gesellschaftliche Vielfalt nicht auch in den Führungsgremien widerspiegelt“, so Kraus. Als erste Frau im Vorstand eines Bundesliga-Vereins setzte sie 2003 beim Hamburger SV einen Meilenstein.
Kraus sieht in der Einbeziehung von Frauen nicht nur einen Schritt in Richtung Gleichheit, sondern auch einen klaren Vorteil für die Vereine selbst. „Mit Frauen im Top-Management verbessert sich das Risikomanagement, steigt die Leistungsfähigkeit und erhöht sich die Innovationskraft“, erklärt sie.
Interessanterweise stellt die FKM-Studie auch einen Vergleich zur Wirtschaft an, insbesondere zu DAX-Unternehmen. Wiebke Ankersen, Co-Geschäftsführerin der AllBright-Stiftung, unterstreicht, dass die Fußballbranche in Bezug auf Chancengleichheit und Diversität noch deutlicher hinter anderen Wirtschaftsbereichen zurückfällt. „Die deutschen Unternehmen liegen im internationalen Vergleich beim Thema Chancengleichheit und Diversität in der Führung schon weit zurück, aber die Fußballbranche steht noch mal deutlich extremer da“, fasst Ankersen zusammen.
Der Fußball in Deutschland muss sich also dringend mit seinen Strukturen auseinandersetzen und Veränderungen herbeiführen. Denn nur durch eine vielfältige Führung kann die Sportart authentisch für alle Menschen da draußen stehen und den sportlichen Erfolg sichern. Die Diskussion um Gleichheit und Diversität wird somit noch intensiver, und es bleibt abzuwarten, ob die Vereine bereit sind, endlich auf diese Stimmen zu hören und Veränderungen zuzulassen.
Für weitere Informationen über die Ergebnisse der Studie, siehe die aktuelle Berichterstattung auf www.aachener-zeitung.de.