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Diversifizierte Landwirtschaft: Groß angelegte Studie zeigt positive Effekte – Science-Publikation

GEMEINSAME PRESSEMITTEILUNG DER UNIVERSITÄT KOPENHAGEN UND DER UNIVERSITÄT HOHENHEIM

Neu in Science: Schluss mit einer einseitigen industriellen Landwirtschaft

Groß angelegte Studie unter Leitung der Unis Hohenheim & Kopenhagen zeigt: Eine diversifizierte Landwirtschaft nützt sowohl Mensch und Umwelt – und zahlt sich aus

Mischung von Viehhaltung und Ackerbau, Integration von Blühstreifen und Bäumen, Wasser- und Bodenschutz und vieles mehr: Eine umfangreiche globale Studie unter der Leitung der Universität Hohenheim in Stuttgart und der Universität Kopenhagen in Dänemark hat weltweit die Auswirkungen einer diversifizierten Landwirtschaft untersucht. Das Ergebnis ist eindeutig: Die positiven Effekte nehmen mit jeder Maßnahme zu, während negative Auswirkungen kaum zu finden sind. Veröffentlicht wurden die Ergebnisse heute in der aktuellen Ausgabe von Science. [1]

Prof. Dr. Ingo Grass von der Universität Hohenheim und seine Kollegin Prof. Dr. Laura Vang Rasmussen von der Universität Kopenhagen können sich endlich den Schweiß von der Stirn wischen. In den letzten vier Jahren haben sie als Bindeglied zwischen 58 Forschern auf fünf Kontinenten fungiert und als Hauptautoren einer großen Agrarstudie Daten aus 24 Forschungsprojekten gesammelt. Die harte Arbeit hat sich endlich ausgezahlt. Ihr Forschungsartikel, der gerade in der renommierten Fachzeitschrift Science veröffentlicht wurde, enthält eine klare und fundierte Botschaft an die Landwirtschaft: „Lassen Sie Monokulturen und industrielles Denken hinter sich und diversifizieren Sie die Art und Weise, wie Sie Landwirtschaft betreiben – es zahlt sich aus“, so das wissenschaftliche Duo. [1]

„Unsere Ergebnisse aus dieser umfassenden Studie sind überraschend eindeutig. Während wir nur sehr wenige negative Folgen einer landwirtschaftlichen Diversifizierung feststellen konnten, gibt es viele bedeutende Vorteile. Dies gilt insbesondere, wenn zwei, drei oder mehr Maßnahmen kombiniert werden. Je mehr, desto besser, vor allem wenn es um die biologische Vielfalt und die Ernährungssicherheit geht“, erklärt Prof. Dr. Rasmussen vom Fachbereich Geowissenschaften und Management natürlicher Ressourcen an der Universität Kopenhagen. [1]

Die größten positiven Effekte fanden die Forschenden bei der Ernährungssicherheit, dicht gefolgt von der biologischen Vielfalt. Darüber hinaus verbesserten sich auch soziale Aspekte, wie das Wohlbefinden deutlich. Unter den zahlreichen Strategien hatten die Diversifizierung der Tierhaltung und die Erhaltung des Bodens die stärksten positiven Folgen. [1]

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Laut den Forschenden beschäftigten sich frühere Studien entweder mit den sozioökonomischen oder den ökologischen Folgen der landwirtschaftlichen Diversifizierung. Diese Studie untersucht nun erstmals die Auswirkungen in allen Bereichen und kommt zu überraschend positiven Ergebnissen. „Der landwirtschaftlichen Diversifizierung wurde vorgeworfen, dass sie vielleicht gut für die biologische Vielfalt ist, aber auch einige negative Aspekte hat – vor allem im Hinblick darauf, dass keine ausreichend hohen Erträge erzielt werden können. Tatsächlich sehen wir aber, dass eine diversifizierte Landwirtschaft keine Ertragsminderung mit sich bringt – auch nicht, wenn wir Daten aus der europäischen Landwirtschaft mit ihren großen Flächen einbeziehen“, sagt Prof. Dr. Grass vom Fachgebiet Ökologie Tropischer Agrarsysteme an der Universität Hohenheim. [1]

Vielmehr zeigten die Zahlen, dass sowohl bei kleinen Betrieben als auch bei Betrieben mit großer Anbaufläche eine diversifiziertere Landwirtschaft die Ernährungssicherheit deutlich steigern kann. Dies könnte, so die Forschenden, auf eine Reihe von Faktoren zurückzuführen sein. „Ein Beispiel sind Obstbäume, die in Maisfeldern in Malawi gepflanzt werden und den Bauernfamilien helfen können, sich besser zu ernähren und ihre Ernährungssicherheit zu erhöhen. Einerseits, weil sie die Früchte selbst essen, andererseits aber auch, weil die Bäume ein zusätzliches Einkommen generieren, wenn die Früchte auf dem Markt verkauft werden – ein Einkommen, das den Kleinbauern Kaufkraft für andere Lebensmittel verschafft“, sagt Prof. Dr. Rasmussen. [1]

Alle 58 Autoren der Studie haben sich aktiv an deren Gestaltung beteiligt, um eine robuste und glaubwürdige Verflechtung der vielen Datensätze zu erreichen, die über die ganze Welt verteilt sind – von der Maisproduktion in Malawi über Gummibäume in Indonesien bis hin zum Anbau von Winterweizen in Deutschland und zur silvopastoralen Rinderhaltung in Kolumbien, bei der Nutztierhaltung und die Kultivierung von Bäumen oder Sträuchern kombiniert werden. „Die Studie vereint viele verschiedene Situationen aus den vielen Datensätzen, die wir verwendet haben. In Malawi verfügen wir über Daten zur Ernährungssicherheit, die sich beispielsweise in der Anzahl der Monate ausdrücken, in denen die Kleinbauern hungern und nicht genügend Nahrungsmittel zur Verfügung haben. Solche Kennzahlen verwenden wir beispielsweise nicht für große europäische Landwirtschaftsbetriebe, für die wir stattdessen Ertragsdaten haben, wie die Erträge an Winterweizen in Deutschland“, erklärt Prof. Dr. Rasmussen. [1]

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„Aber wenn wir alle Datensätze betrachten, zeigen unsere Ergebnisse, dass die Anwendung von mehr Diversifizierungsstrategien sowohl die biologische Vielfalt als auch die Ernährungssicherheit verbessert und keine negativen Folgen für die Erträge hat“, fährt die Expertin fort. [1]

Die Forschenden untersuchten auch, welche Kombinationen von Diversifizierungsstrategien zu „Win-Win“-Situationen führen: Strategien, die sich positiv auf die biologische Vielfalt auswirken, verbessern auch die Ernährungssicherheit. Auch für die biologische Vielfalt und das Wohlergehen der Menschen konnten sie einen Zusammenhang feststellen. [1]

Bei der Frage, ob auch die umgebende Landschaft die Folgen der Diversifizierungsstrategien beeinflusst, betrachteten die Forschenden in der Studie drei verschiedene Landschaftstypen – stark kultivierte Gebiete mit sehr wenig Natur, Gebiete, in denen die Landschaft um die landwirtschaftlichen Flächen durch relativ unberührte Natur gekennzeichnet ist, sowie eine dazwischenliegende „einfache“ Kategorie mit gemischten Landschaften. Bislang galt die These, dass eine diversifizierte Landwirtschaft nur in diesen dazwischenliegenden oder „einfachen“ Landschaften die biologische Vielfalt sehr stark fördert. In der Tat konnten die Forschenden dort auch die größten Effekte verzeichnen. Tatsächlich zeigt die Studie aber, dass Diversifizierungsstrategien in vielen verschiedenen Kontexten sinnvoll sind. Auch in stärker naturbelassenen Landschaften lassen sich positive Effekte für die biologische Vielfalt erzielen. [1]

Die Studie umfasste Daten zu mehr als 20 verschiedenen Arten von Diversifizierungspraktiken in fünf großen Kategorien: zeitliche Diversifizierung des Anbaus, nicht-kulturelle Diversifizierung, Erhaltung des Bodens, Diversifizierung der Tierhaltung und Wasserschutz. [1]

Das einzigartige Studiendesign, bei dem 58 Forschende aus der ganzen Welt beteiligt waren und Daten von 2.655 landwirtschaftlichen Betrieben auf fünf Kontinenten analysiert wurden, hat sehr klare Ergebnisse geliefert. Die Studie könnte die künftige Forschung inspirieren und den Regierungen und Unternehmen helfen, Anreize für Landwirte zu schaffen, um diese diversifizierten Strategien anzuwenden und somit landwirtschaftliche Nachhaltigkeit und die Gesundheit des Planeten zu fördern. [1]

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Zusätzlich stellten die Forschenden fest, dass die wenigen negativen Folgen vorübergehend sein könnten. So könnte beispielsweise der erhöhte Arbeitsaufwand für das Anpflanzen und Pflegen von Hecken und Bäumen auf landwirtschaftlichen Flächen das Wohlbefinden vorübergehend beeinträchtigen. [1]

Die Ergebnisse der Studie sind ein wichtiges Ergebnis, das einige der weltweit führenden Agrarforschenden zusammengebracht hat. Sie liefern die notwendigen Daten für politische Entscheidungen und sollen die notwendigen Veränderungen in der Landwirtschaft vorantreiben. [1]

Eine Tabelle mit weiteren Details zu den verschiedenen Kategorien von Diversifizierungsstrategien und ihren Auswirkungen könnte Informationen zur veranschaulichen:

Kategorie Praktiken Positive Auswirkungen
Zeitliche Diversifizierung Rotation, Fruchtfolge, Deckfruchtanbau Verbesserung der Ernährungssicherheit, biologische Vielfalt
Nicht-Kultur-Diversifizierung Hecken, Windschutzstreifen, Blühstreifen, Futterstreifen Verbesserung der biologischen Vielfalt, Ernährungssicherheit
Erhaltung des Bodens Ausbringung von Dung, Gründüngung, Mulchen Verbesserung der Ernährungssicherheit, biologische Vielfalt
Diversifizierung der Tierhaltung Mehrere Nutztierarten Verbesserung der Ernährungssicherheit, biologische Vielfalt
Wasserschutz Terrassierung, Kontinuität der Bedeckung/Wurzeln Verbesserung der biologischen Vielfalt, Ernährungssicherheit | [1]

Die Forschungsergebnisse bieten eine klare Handlungsempfehlung für eine nachhaltigere Landwirtschaft. Die Landwirte sollten Monokulturen und industrielles Denken hinter sich lassen und stattdessen auf eine diversifizierte Landwirtschaft umsteigen, indem sie verschiedene Praktiken kombinieren. Diese positive Veränderung wird sowohl der Umwelt als auch den Menschen zugutekommen und zur Ernährungssicherheit und biologischen Vielfalt beitragen. [1]

Kontakt für Medien:

Apl.-Prof. Dr. Laura Vang Rasmussen, University of Copenhagen, Department of Geosciences and Natural Resource Management, T +45 35 32 58 60, E lr@ign.ku.dk

Prof. Dr. Ingo Grass, Universität Hohenheim, Fachgebiet Ökologie Tropischer Agrarsysteme, T +49 (0)711 459 22385, E ingo.grass@uni-hohenheim.de

Kristian Bjørn-Hansen, Journalist and Press Contact, University of Copenhagen, Faculty of Science, T +45 93 51 60 02, E kbh@science.ku.dk

Zu den Pressemitteilungen der Universität Hohenheim

Die Studie wurde gemeinsam von Prof. Dr. Laura Vang Rasmussen und Prof. Dr. Ingo Grass geleitet. Die Forschungsergebnisse wurden von Prof. Dr. Zia Mehrabi und Prof. Dr. Claire Kremen unterstützt. Die vollständige Liste der beteiligten Forscher ist hier zu finden. [1]

Quelle:
[1] Universität Hohenheim, Universität Kopenhagen: „Science-Publikation: Schluss mit einseitiger industrieller Landwirtschaft“ (2022), URL: https://www.science.org/doi/10.1126/science.adj1914



Quelle: Universität Hohenheim / ots

Sophie Müller

Sophie Müller ist eine gebürtige Stuttgarterin und erfahrene Journalistin mit Schwerpunkt Wirtschaft. Sie absolvierte ihr Studium der Journalistik und Betriebswirtschaft an der Universität Stuttgart und hat seitdem für mehrere renommierte Medienhäuser gearbeitet. Sophie ist Mitglied in der Deutschen Fachjournalisten-Assoziation und wurde für ihre eingehende Recherche und klare Sprache mehrmals ausgezeichnet. Ihre Artikel decken ein breites Spektrum an Themen ab, von der lokalen Wirtschaftsentwicklung bis hin zu globalen Finanztrends. Wenn sie nicht gerade schreibt oder recherchiert, genießt Sophie die vielfältigen kulturellen Angebote Stuttgarts und ist eine begeisterte Wanderin im Schwäbischen Wald.

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