U-Ausschuss: Ehemaliger NSU-Unterstützer sagt aus
Stand: 19.06.2023 23:29 Uhr
Der verurteilte NSU-Unterstützer André E. hat vor dem bayerischen Landtag in einem Untersuchungsausschuss ausgesagt. Dabei berichtete er, dass er mit den NSU-Terroristen lediglich über alltägliche Themen gesprochen habe und bereits aus der Szene ausgestiegen sei.
André E. trat vor den bayerischen Abgeordneten in einem grün-gelb kariertem Hemd, weiten Jeans und kurzen Haaren auf. Seine auffälligen Tattoos an Händen und Hals fielen sofort ins Auge. Während der knapp fünfstündigen Vernehmung beantwortete er Fragen über seinen Ausstieg aus der rechtsextremen Szene und seine Beziehung zu den NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe.
Bereits im Jahr 2018 wurde André E. vom Oberlandesgericht München wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Beate Zschäpe, die Hauptangeklagte im NSU-Prozess, erhielt eine lebenslange Freiheitsstrafe.
André E. erklärte, dass er seit 2019 seine strafrechtlich relevanten Nazi-Tattoos entfernen ließ, darunter auch eine Tätowierung auf seinem Bauch mit der Aufschrift „Die, jew, die“ („Stirb, Jude, stirb“). Dieses Tattoo soll ein Symbol für seinen Ausstieg aus der rechtsextremen Szene sein. E. gab an, nun unpolitisch zu sein und den Charakter der Menschen unabhängig von ihrer Herkunft zu bewerten.
Der bayerische Untersuchungsausschuss wollte mehr über E.s Verbindungen nach Bayern und insbesondere nach Nürnberg erfahren, wo der NSU drei Menschen getötet hatte. Es wird vermutet, dass die Terrorgruppe lokale Unterstützer hatte, die potenzielle Opfer ausspähten.
Die Landtagsabgeordneten erhofften sich auch Aufschluss über E.s Verhältnis zu Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe. Die drei Terroristen lebten zwölf Jahre lang unentdeckt im Untergrund, unterstützt von André E. Sie verübten Sprengstoffanschläge, Raubüberfälle und ermordeten insgesamt zehn Menschen, von denen neun einen türkischen oder griechischen Migrationshintergrund hatten.
E. erklärte während der Vernehmung, dass er keinen engen Kontakt zu dem NSU-Trio gehabt habe und bei ihren gelegentlichen Treffen nur über unwichtige Dinge gesprochen habe. Der Vorsitzende des Münchner NSU-Untersuchungsausschusses, Toni Schuberl von den Grünen, bezeichnete die Aussagen als unglaubwürdig. Es sei unwahrscheinlich, dass rassistische Mörder wie E. sich nur über unpolitische Themen unterhalten hätten.
Die Frage, warum E. angeblich nie den Grund für die Banküberfälle von Böhnhardt und Mundlos erfahren wollte, konnte er nicht beantworten. Er gab an, zu jung und überfordert gewesen zu sein und nichts damit zu tun haben zu wollen. Schuberl kritisierte E. dafür, dass er sich nicht mit den Konsequenzen seines Handelns auseinandergesetzt habe. 2007 hatte E. von Beate Zschäpe von den Banküberfällen erfahren. Hätte er dieses Wissen an die Polizei weitergegeben, hätte der Mord des NSU an der Polizistin Michèle Kiesewetter in Heilbronn im selben Jahr möglicherweise verhindert werden können. E. erwiderte daraufhin, dass er sich nicht bewusst gewesen sei, wie ernst die Situation war.
André E. gab während der Vernehmung oft an, sich nicht an bestimmte Details erinnern zu können. Dies führte er unter anderem auf eine Gehirnblutung zurück, die er im Jahr 2000 nach einer Schlägerei erlitten hatte.
Der Vorsitzende des Ausschusses, Schuberl, zeigte sich dennoch teilweise zufrieden, da es gelungen war, E. zum Reden zu bringen.
E. erklärte, dass er das „Stirb, Jude, stirb“-Tattoo bereits als 16-Jähriger stechen ließ. Es sei eine Zeile aus einem Lied einer englischen Skinhead-Band gewesen. Zu diesem Zeitpunkt habe er kein gutes Englisch verstanden und keine Gedanken über die Bedeutung gemacht. Als Zeichen für seinen Ausstiegswillen bezeichnete er das Tattoo als menschenverachtend und erklärte, dass er zu dieser Zeit noch eine politische Einstellung gehabt habe.