Das Amtsgericht Karlsruhe hat entschieden, dass Sozialarbeiter:innen zur Aussage verpflichtet werden können, auch wenn dies potenziell ihren Klient:innen schadet. Dies könnte erhebliche Auswirkungen auf das Vertrauensverhältnis zwischen Sozialarbeiter:innen und ihren Klient:innen haben, wie auf Kontext Wochenzeitung berichtet wird. Diese Entscheidung kommt in der laufenden Debatte um das Zeugnisverweigerungsrecht für Sozialarbeiter:innen, die seit den 1970er Jahren gefordert wird, neuerdings an Bedeutung. Die Verurteilung von drei Sozialarbeiter:innen hat die Diskussion weiter angeheizt.
Die Sprecherin der Fußball-Fanprojekte in Deutschland beschreibt das Urteil als „Schlag ins Gesicht“ und als Zäsur für die soziale Arbeit. Doreen Siebernik, ein Vorstandsmitglied der GEW, äußert sich solidarisch mit den betroffenen Sozialarbeiter:innen und kritisiert, dass verantwortungsvolle Arbeit bestraft wird. Diese haben Unterstützung sowohl von ihrem Träger als auch dem Karlsruher SC erhalten. Angela Furmaniak, Anwältin der Betroffenen, hofft auf eine Revision des Urteils in einer noch unklaren Berufungsverhandlung.
Hintergrund der Entscheidung
Die betroffenen Sozialarbeiter:innen konnten durch ihre Aussageverweigerung die Strafverfolgung nicht verhindern. Vor dem Amtsgericht Karlsruhe laufen derzeit diverse Prozesse gegen 25 Ultras, die mit Haftstrafen und Geldbußen rechnen müssen. Die Verurteilungen basieren auf mutmaßlicher Beteiligung an der Vorbereitung von Pyrotechnik während eines Fußballspiels, haben jedoch keinen direkten Zusammenhang zur Zündung der Brandsätze. Hinter der aktuellen Diskussion steht die Sorge, dass eine Aussagepflicht das Vertrauen der Klient:innen in Sozialarbeiter:innen beeinträchtigen könnte, so die Kritik von Berufsverbänden, die ein Zeugnisverweigerungsrecht für die Soziale Arbeit fordern.
Wie BAG-S berichtet, soll den drei Sozialarbeiter:innen aufgezwungen werden, über vertrauliche Informationen ihrer Klient:innen auszusagen. Bei Weigerung drohen ihnen Ordnungsgelder oder Beugehaft. Diese Entscheidung wird durch die derzeitige Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen gefährlicher Körperverletzung und Verstößen gegen das Sprengstoffgesetz, infolge eines Vorfalls im April, motiviert, bei dem durch Brandsätze im Stadion elf Menschen verletzt wurden. Die Problematik des Zeugnisverweigerungsrechts für Sozialarbeiter:innen ist seit etwa 50 Jahren nicht grundlegend entschieden worden, während im März bereits eine Bundesratsinitiative zur Ausweitung des § 53 StPO beschlossen wurde. Der genaue Zeitpunkt für eine mögliche Gesetzesänderung bleibt jedoch ungewiss.